Die Humanität der Rechtsordnung: Ausgewählte Schriften Wissenschaftliche Reihe des Fritz Bauer Instituts von Fritz Bauer, Joachim Perels und Irmtrud Wojak NS-Verbrechen Menschenrechtskonventionen Widerstandsrecht Liberalisierung des Strafrechts Resozialisierung von Straftätern Obrigkeitsgläubigkeit Fritz Bauers Name ist mit dem großen Frankfurter Auschwitz-Prozeß verbunden, doch steht er auch für die juristische Aufarbeitung der NS-Verbrechen insgesemt. Er war Mitbegründer der Humanistischen Union und der Zeitschrift "Die Neue Gesellschaft"; hier setzte er sich mit der Obrigkeitsgläubigkeit in der jungen Bundesrepublik auseinander. Fritz Bauer war ein Verfechter des Widerstandsrechts, der Liberalisierung des Strafrechts und der Resozialisierung von Straftätern. In diesem Buch sind wichtige Beiträge des streitbaren Juristen gesammelt. Das Recht vom Himmel holen Eine Auswahl aus Fritz Bauers Schriften Unrecht, das von Staates wegen verübt wird, lässt sich nur unter grossen Schwierigkeiten juristisc - edizione con copertina flessibile
2006, ISBN: 9783593358413
edizione con copertina rigida
Stuttgart, gedr. bei August Friedrich Macklot, 1811. . Mit Register. - Das "Königlich-Württembergische Staats- und Regierungsblatt" erschien seit 1806 mit amtlichen Verlautbarungen sowoh… Altro …
Stuttgart, gedr. bei August Friedrich Macklot, 1811. . Mit Register. - Das "Königlich-Württembergische Staats- und Regierungsblatt" erschien seit 1806 mit amtlichen Verlautbarungen sowohl von Allerhöchster Stelle wie auch von untergeordneten Ämtern, ab 1824 unter dem Titel "Regierungsblatt für das Königreich Württemberg", 1850 dann als "Staatsanzeiger für Württemberg". - August Friedrich Macklot (1770-1805), Drucker u. Verleger in Stuttgart, Sohn des Johann Michael Macklot (1728-1794), der 1757 in Karlsruhe Druckerei u. Verlag Macklot in Karlsruhe gegründet hatte. Der Stuttgarter "Ableger" war offenbar so erfolgreich, daß er auch nach August Friedrichs frühem Tod unter dessen Namen weiter firmierte. - Kanten beschabt u. bestoßen, stellenw. stockfleckig; im Ganzen gut, Stuttgart, gedr. bei August Friedrich Macklot, 1811., 0, Wien, k. k. Hof- und Staats-Druckerei 1848.. 43 x 27,5 cm. Beidseitig bedruckt. Gefalt. Franz Joseph wurde im Thronsaal der fürstbischöflichen Residenz von Olmütz, wohin der Hof aufgrund des Wiener Oktoberaufstands geflohen war, zum neuen Kaiser proklamiert. In seiner Regierungserklärung umriß der neue Souverän seine Herrschaftsvorstellung mit den Worten: '...Fest entschlossen den Glanz der Krone ungetrübt zu erhalten (...), aber bereit, Unsere Rechte mit den Vertretern Unserer Völker zu teilen, rechnen Wir darauf, dass es mit Gottes Beistand gelingen werde, alle Länder und Stämme der Monarchie zu einem großen Staatskörper zu vereinen...', Wien, k. k. Hof- und Staats-Druckerei 1848., 0, Regenspurg [Regensburg], Emerich Felix Bader 1737.. gr.-8°. 12 Bll., 1119 (st. 1135) S., 31 Bll. Mit 1 gest. Frontisp. u. 2 gest. Kopfvign. Ldr. d. Zt. Mit Rückensch., Exlibris am vord. Innendeckel. Ohne die Ss. 337-352. vgl. VD18 10790012; vgl. Slg. Seemann 298 - Erste nicht bei Gleditsch erschienene Ausgabe. Diese Ausgabe erschien auch ohne Kupfertafeln. Wertvoll ist Hübners Lexikon für jeden, der Urkunden und Bücher des 17. und 18. Jahrhunderts im Original lesen will, weil er viele Namen und Begriffe aus dieser Zeit in keinem Lexikon mehr findet" (Kleine Geschichte großer Lexika, S. 141)., Regenspurg [Regensburg], Emerich Felix Bader 1737., 0, 1797. Wien, Apud Camesina et Soc., 1797, 8°, CXIV, 299, (2) pp., 4 Falttabellen., 1 gefaltete Kupfertafel, Interimsbroschur der Zeit; Titel etwas fleckig ansonsten frisches und unbeschnittenes Exemplar. Das grösste Aufsehen und die hauptsächlichste Propaganda für das Brown'sche System machte aber seine Ratio inst..." und zwar vornehmlich wegen der Vorrede seines Vaters (113 S.). Dieser, augenscheinlich verführt durch übergrosse Liebe zu seinem Sohne, die sich in Lobpreisungen auf denselben offenbahrt, trat in der Vorrede, freilich mit einer gewissen Reserve und Zweideutigkeit im Ausdrucke, zu Gunsten des Brown'schen Systems in die Schranken und erregte dadurch einen großen Jubel unter den Brownianern. Solche Parteinahme kam denn auch dem Inhalt des Buches von J.F. zu Gute und verlieh ihm die Autorität. In dieser Arbeit finden sich aber ebenfalls (wichtige) Abweichungen vom Meister... HirschII/429f. (M.Salomom) Der Brownianismus in Wien - "Zur selben Zeit, als GALL seine neue Lehre privat in seinem eigenen Hause vortrug, vermittelte öffentlich JOHANN PETEE FRANK von seiner Lehrkanzel herab die Grundsätze des BROWNschen Systems einem zahlreichen Auditorium in- und ausländischer Studenten und Ärzte. Auch unter diesen saß der junge CLEMENS VON METTERNICH. Er konnte da hören, daß das Leben nichts anderes sei als ein durch Reize erzwungener und erhaltener Zustand, indem von außen und innen her Reize (Wärme, Luft, Nahrung, Muskelbewegung, Gemütsaffekte usw.) auf eine Kraft des belebten Körpers wirkten, die BROWN Erregbarkeit nannte zum Unterschied von der Erregung, die sich ihm als das Produkt von Erregbarkeit und Reiz darstellte. Gesundheit bestand also nicht mehr, wie man bisher meinte, in der richtigen Mischung der Körpersäfte, sondern war der neuen Lehre nach der mittlere Grad der Erregbarkeit und unterschied sich von der Krankheit nicht etwa durch eine veränderte Qualität dieser Säfte, sondern einzig und allein durch die Quantität der Reizstärke. Denn ein Zuviel oder Zuwenig an Reizen führt zur krankhaften Störung im Sinne einer zu starken oder zu schwachen Erregung, einer Sthenie oder einer Asthenie. So JOHN BROWN. Man sieht: in seinem dynamisch-vitalistischen System spielen die Körpersäfte keine oder nur eine ganz untergeordnete Rolle." Schon dieser Umstand allein mußte die Wiener Schule in ihrem Innersten, im humoralgläubigen Grund ihres Lehrsystems, treffen. Außerdem aber hat man in Wien für dynamisch-vitalistische Lebens- und Krankheitserklärungen nie viel übrig gehabt. Man hatte sich mit dem alten hippokratischen Begriff der Naturheilkraft begnügt, im übrigen aber in der früher charakterisierten positivistischen Haltung - man kann sie auch als eine skeptisch-agnostische bezeichnen - sich an das sinnenmäßig Erfahrbare gehalten, und das waren noch immer die in Stuhl, Harn, Schweiß, Erbrochenem u. a. sieht- und wahrnehmbaren Ausscheidungen des Körpers. Entsprechend dieser phänomenologischen Verfahrensart hatte schon 1775 STÖRCK in seinen Statuten1 als obersten Schulgrundsatz den Professoren auferlegt, dafür zu sorgen, daß die Studenten nicht "durch Hypothesen infiziert würden". Schon HALLERS Lehre von der Irritabilität war vor einem halben Jahrhundert als eine solche Hypothese gewertet und abgelehnt worden. Dabei hatte HALLER seinen Irritabilitätsbegriff noch durchaus empirisch-induktiv begründet, indem er ihn mit der spezifischen Struktur der Muskelfaser verband. Um wie vieles mehr mußte jetzt den Traditionsträgern der Wiener Schule BROWNS Lehre mit ihrem nicht fundierten Erregbarkeitsbegriff, ihrem willkürlich zweigeteilten Krankheitsschematismus (Sthenie, Asthenie) als eine luftige, jedem humoral- pathologischen Denken ins Gesicht schlagende Hypothesenmedizin erscheinen! Und nun sollte sich der neue Wiener Klinikchef zu dieser Hypothesenmedizin bekennen? In der Vorrede zum Buche seines Sohnes JOSEPH, eines begeisterten Brownianers, über die Heilart an der klinischen Lehranstalt zu Pavia hat JOHANN PETER FRANK 1797 zu diesem Vorwurf öffentlich Stellung genommen. Er, der vielerfahrene, souverän und tolerant die Lehren seiner Zeit überschauende Arzt, hat in dieser Kritik des BROWNschen Systems das Hypothetische, gewaltsam Simplifizierende ebenso tadelnd angemerkt wie den fühlbaren Mangel seines Schöpfers an ärztlicher Erfahrung. Aber er hatte auch das Gute an dieser neuen Lehre gelten lassen. Ja, noch mehr: Er bekannte sich zu diesem Guten als einem längst selbst erkannten Eigenem. Dieses aber hieß: vitalistische Medizin auf solidarpathologischer Grundlage und weitgehende Ablehnung der in Aderlässen, Brech- und Abführmethoden entarteten Humoralpathologie seiner Zeit. Da aber diese noch immer und durch den Hippokratismus STOLLS erneut ihr stärkstes Bollwerk in der Wiener Schule besaß, so stellt das Programm des neuen Klinikchefs geradezu eine Kampfansage gegen die alten Traditionen der Schule dar. Tatsächlich wurde auch sein therapeutischer Teil von den STOLL-Schülern als zentraler Angriff gegen ihre humoraltherapeutischen Maximen gewertet. Denn vielfach glaubten sie in einer rein mechanischen Befolgung der Lehren STOLLS vom Gastricismus und den verborgenen Entzündungen, daß "keines dieser Übel, kein sogenanntes Gall- oder Schleimfieber, kein Wechselfieber, ... geheilt werden (könne), wenn nicht durch Brech- und Purgirmittel der als Ursache vorausgesetzte Schmutz im Bauche, die gallartige oder schleimige .. . Saburra nach oben oder unten oder auch auf beyden Wegen zugleich ausgeleert wird". Gegen diese Auswüchse des STOLLschen Gastricismus hatte FRANK bereits 1784 in seiner Göttinger Antrittsrede "De larvis morborum biliosis" Stellung genommen und die sogenannte ausleerende oder schwächende Methode energisch zugunsten der stärkenden eingeschränkt. So brauchte er jetzt 1797 nur mehr festzustellen, daß er sich mit diesen seinen Bemühungen weitgehend mit der von BROWN gegen die asthenischen Krankheiten empfohlenen stärkenden oder reizenden Methode begegne, um den Konflikt zwischen BROWNscher Solidarpathologie und traditioneller Wiener Humoralpathologie auf dem so wichtigen therapeutischen Sektor in voller Breite aufzureißen. An Stelle der eingefahrenen Purgantien, Laxantien, Expektorantien beherrschten jetzt die sogenannten "reizenden" Medikamente Opium, China-Rinde, Kampfer, Wein usw. die Therapie der Wiener Klinik. Man kann sich denken, daß sich in der Hand des erfahrenen und geschickt individualisierenden Klinikers die alten, längst bekannten Therapeutica auch in ihrer BROWNschen Färbung bewährten. FRANK hat tatsächlich in seiner Wiener Klinik ausgezeichnete Heilerfolge mit ihnen erzielt. Dies kann man aus den zahlreichen Publikationen von Krankengeschichten seiner Wiener Schüler ersehen, die einmal eine ausführlichere Untersuchung verdienten. Selbst offene Gegner des Brownianismus wie FRANKS Schüler PH. C. HARTMANN (Analyse der neuen Heillehre. Vorrede) erkannten dies vorbehaltlos an. So griff denn die BROWNsche Bewegung gerade wegen der glücklichen therapeutischen Konsequenzen, die FRANK aus ihr gezogen hatte, in Wien immer mehr um sich. Nicht nur die alten Erz-Brownianer aus Pavia gehörten ihr an: FRANKS Sohn JOSEPH, der als Primarius im Allgemeinen Krankenhaus mit zahlreichen Publikationen zur Verbreitung des Brownianismus in Deutschland wesentlich beitrug, sowie dessen Assistent JOHANN MALFATTI und JOHANN PETER FRANKS Assistent THOMAS CAPPELLINI; bereits fielen auch prominente Schüler STOLLS, die bisher an seine Lehren wie an ein Orakel geglaubt hatten, von ihm ab und bekannten sich offen zum Brownianismus, wie der Landschaftsprotomedicus CARL WERNER und der eben zum Primarius im Allgemeinen Krankenhaus ernannte MATTHIAS VON SALLABA. Im Jahre 1800 war die BROWNsche Bewegung in Wien bereits so erstarkt, daß sich unter der Führung JOSEPH FRANKS die genannten Spitalärzte mit anderen Stadtärzten zu einer Gesellschaft der Ärzte11 im Hause JOHANN MALFATTIS organisieren und sich mit einem jährlich erscheinenden Gesundheitstaschenbuch an das breite Wiener Publikum wenden konnten. Hand in Hand mit dieser Eroberung des Zivils ging jene des Militärs. Die zweite große ärztliche Ausbildungsstätte Wiens, die medizinisch-chirurgische Josephs-Akademie, war mit dem Großteil ihrer Professoren, darunter dem tüchtigen Okulisten JOHANN ADAM SCHMIDT und dem angesehenen Chirurgen GERHARD VON VERING, eine Hochburg des Brownianismus geworden. Besonderes Aufsehen hatte ein ursprünglich nicht zur Veröffentlichung bestimmtes Regulativ zur besseren Heilart der Krankheiten nach vorwiegend Brownschen Grundsätzen erregt. Durch dieses, so behaupteten wenigstens dessen deutsche Kritiker, habe der Kaiser im italienischen Feldzug mehr Soldaten verloren als durch den Feind selbst. Um 1800 hat sich aber bereits auch die Reaktion gegen den Brownianismus in Wien konsolidiert. Was allerdings von ihr an Gegenschriften an die Öffentlichkeit trat, bezeugt mit einer Ausnahme - es ist dies PH. C. HARTMANNS Kritik - nur die Tatsache, daß die Wiener Schule ihre besten Köpfe bereits an den von FRANK beschützten Brownianismus verloren hatte. Weitaus wirkungsvoller als dieses allzu mittelmäßige antibrownianischem Schrifttum waren aber die zielbewußten und keine Mittel scheuenden Angriffe, die der einflußreichste Träger der STOLL-Tradition, der kaiserliche Leibarzt STIFFT, unmittelbar gegen den Schirmherrn des Brownianismus, gegen JOHANN PETER FRANK selbst, richtete: unter seinem Direktorat sei im Allgemeinen Krankenhaus durch die BROWNsche Heilmethode die Sterblichkeitsziffer um ein Beträchtliches gestiegen, unter den reichlichen "stärkenden" Weingaben lägen dort die Patienten besoffen dahin oder stürben gar im Kausche. Zwar wurden diese Anwürfe durch JOSEPH FRANK bzw. THOMAS CAPPELLINI an Hand der statistischen Unterlagen widerlegt; aber was half dies in einem Klima, das sich geistig und politisch seit 1795 völlig verändert hatte, das in GALL nur mehr den gefährlichen Materialisten sehen konnte und den Brownianismus geradezu zum medizinischen Jakobinertum stempelte. "Führten die Jacobiner nicht die nämliche Sprache von den französischen Thronumwälzern" wie die neuerungssüchtigen Anhänger des medizinischen Revolutionärs BROWN? In dieser Frage eines antibrownianischen Skribenten wird offenbar - und das ist für das Verständnis des medizinischen Restaurationsprogramms STIFFTS bedeutungsvoll -, in welchem Maße bereits die ursprünglich rein medizinische Auseinandersetzung ,Hie Brownianer: hie Stollianer' mit hochpolitischen Akzenten belastet war, indem man den unter der Ära FRANK sich in Wien vollziehenden Umbruch medizinischen Denkens als eine für diesen Bereich ebenso gefährliche Revolution hinstellte wie es die französische im politischen Bereiche war. Und ebenso wie man den politischen Jakobinismus mit allen Mitteln vom eigenen Lande fernzuhalten versuchte, so mußte aus ihm jetzt auch der medizinische Jakobinismus vertrieben werden, der sich nun einmal mit den Namen der beiden FRANK verband. 1804 haben sie aus dieser Lage die Konsequenzen gezogen und Wien verlassen, sie, die nicht Fortsetzer und Erben, sondern nur Fremdkörper in der humoralpathologischen Tradition der Wiener Schule gewesen sind. Und doch hat der Brownianismus in Wien Spuren in mannigfacher Richtung hinterlassen: Einmal erfuhr die Humoralpathologie STOLLscher Prägung in der kritischen Auseinandersetzung mit ihm eine tiefe Umformung und Abwertung ihres therapeutischen Optimismus: sie wurde zur rationellen Empirie eines VALENTIN VON HILDENBRAND mit ihrem therapeutischen Skeptizismus, der etwas heraufführte, was für die zweite Wiener Schule signifikant wurde: ihre fast im Nihilismus endende exspektative Therapie. Zum andern hat das brownianische Intermezzo den an sich spekulationsfeindlichen Wiener Boden für die Lehren der naturphilosophischen Medizin aufgelockert. Es ist kein Zufall, daß zwei FRANK-Schüler, PHILIPP CARL HARTMANN und JOHANN MALFATTI, in der Folge die prominenten Wiener Vertreter der romantischen Medizin geworden sind. Die erstaunlichste und weitest tragende Wirkung, die der Brownianismus in Österreich hinterlassen hat, ist aber wohl diese: daß sein medizinisches Jakobinertum in dem System des glühendsten Antijakobiners der Zeit, des führenden und die Epoche bestimmenden Staatsmannes CLEMENS VON METTERNICH, ungebrochen weiterlebte. Denn als gelehriger Schüler JOHANN PETER FRANKS hat er seine Auffassung vom Gleichgewicht im Staate an der BROWNschen These vom Gleichgewicht zwischen Erregbarkeit und Reiz so gründlich orientiert, daß er diese medizinische Hypothese seinem politischen System zugrunde legte." Erna Lesky, Die Wiener medizinische Schule im 19.Jhdt., pp.23-28 siehe - F. AICHER, Der Einfluß der Brown- sehen Lehre auf die Therapie. Untersucht an den von Frank im Krankenhaus zu Pavia behandelten Kranken. Med. Diss. München 1933., 1797, 0, UVK Verlagsgesellschaft mbH Univers.-Vlg Konstanz Universitätsverlag Konstanz, 1999. 1999. Softcover. Die Wortführer des »Prager Frühlings« wollten 1968 einen Sozialismus mit menschlichem Antlitz verwirklichen - ihr Traum zerstob unter den Panzerketten der Warschauer Paktstaaten. Den Sozialisten des 19. Jahrhunderts wäre eine solche Forderung absurd vorgekommen, war für sie doch Sozialismus identisch mit Humanismus und Demokratie. Ihr Gegenüber war ein brutaler Kapitalismus und ein Staat, der ihn mehr schützte als in seinen Auswüchsen kontrollierte. Diesem Kapitalismus mußten die sozialistischen Parteien und Gewerkschaften zuerst einmal menschliche Züge verleihen, wozu auch gehörte, dem Staat Reformen auf vielerlei Gebieten abzuringen. In einem nächsten Schritt wollten sie daran gehen, die bestehende Wirtschaftsform und den bestehenden Staat im Namen einer besseren, einer Zukunftsgesellschaft zu überwinden - sei es auf dem Weg der Revolution oder der Reform. Dieses Projekt ist bekanntlich gescheitert. Als nach dem Zusammenbruch des real existierenden Sozialismus der Sieg des Kapitalismus über den Sozialismus oder Kommunismus verkündet wurde, vergaß man meist, daß der Kapitalismus, der da gesiegt hatte, mit dem ursprünglichen Kapitalismus des beginnenden 19. Jahrhunderts kaum noch etwas gemein hatte. Daß er sich zumindest in den westlichen Industrienationen in einem beinahe zweihundertjährigen Prozeß permanent transformiert und dadurch überlebensfähig erwiesen hatte, war, hegelianisch gesprochen, einer List der Vernunft zu verdanken. Sie realisierte sich historisch in der Arbeiterbewegung, deren politische und gewerkschaftliche Kämpfe, deren ständiger Druck, deren Demokratisierungs- und Reformpotentiale den ursprünglichen Manchester- oder Raubkapitalismus in eine heute von einem breiten demokratischen Konsens getragenen Wirtschaftsform entscheidend mitgestaltet haben. Darin bestand der säkulare Erfolg der Arbeiterbewegung. Von diesen Kämpfen im Spannungsfeld von Emanzipation und Integration erzählen die hier veröffentlichten Texte. Das Buch gliedert sich in zwei TeileDer erste versammelt - abgesehen von einer Ausnahme - Aufsätze aus den Jahren 1978 bis 1986, die bisher in deutscher Sprache nicht vorliegen. Ihre Themen reichen von der Sonderwegsdiskussion bis zur Geschichte von Arbeiterkämpfen im Wilhelminischen Reich. Der zweite Teil enthält eine eher politikzentrierte Geschichte der Sozialdemokratie vom Ende der 1890er Jahre bis 1909. Diese ergänzt sachlich und chronologisch die Arbeiten des Verfassers, die 1973 unter dem Titel »Negative Integration und revolutionärer Attentismus« und 1992 zusammen mit Peter Brandt unter dem Titel »Vaterlandslose Gesellen. Sozialdemokratie und Nation« erschienen sind. Die Wortführer des »Prager Frühlings« wollten 1968 einen Sozialismus mit menschlichem Antlitz verwirklichen - ihr Traum zerstob unter den Panzerketten der Warschauer Paktstaaten. Den Sozialisten des 19. Jahrhunderts wäre eine solche Forderung absurd vorgekommen, war für sie doch Sozialismus identisch mit Humanismus und Demokratie. Ihr Gegenüber war ein brutaler Kapitalismus und ein Staat, der ihn mehr schützte als in seinen Auswüchsen kontrollierte. Diesem Kapitalismus mußten die sozialistischen Parteien und Gewerkschaften zuerst einmal menschliche Züge verleihen, wozu auch gehörte, dem Staat Reformen auf vielerlei Gebieten abzuringen. In einem nächsten Schritt wollten sie daran gehen, die bestehende Wirtschaftsform und den bestehenden Staat im Namen einer besseren, einer Zukunftsgesellschaft zu überwinden - sei es auf dem Weg der Revolution oder der Reform. Dieses Projekt ist bekanntlich gescheitert. Als nach dem Zusammenbruch des real existierenden Sozialismus der Sieg des Kapitalismus über den Sozialismus oder Kommunismus verkündet wurde, vergaß man meist, daß der Kapitalismus, der da gesiegt hatte, mit dem ursprünglichen Kapitalismus des beginnenden 19. Jahrhunderts kaum noch etwas gemein hatte. Daß er sich zumindest in den westlichen Industrienationen in einem beinahe zweihundertjährigen Prozeß permanent transformiert und dadurch überlebensfähig erwiesen hatte, war, hegelianisch gesprochen, einer List der Vernunft zu verdanken. Sie realisierte sich historisch in der Arbeiterbewegung, deren politische und gewerkschaftliche Kämpfe, deren ständiger Druck, deren Demokratisierungs- und Reformpotentiale den ursprünglichen Manchester- oder Raubkapitalismus in eine heute von einem breiten demokratischen Konsens getragenen Wirtschaftsform entscheidend mitgestaltet haben. Darin bestand der säkulare Erfolg der Arbeiterbewegung. Von diesen Kämpfen im Spannungsfeld von Emanzipation und Integration erzählen die hier veröffentlichten Texte. Das Buch gliedert sich in zwei TeileDer erste versammelt - abgesehen von einer Ausnahme - Aufsätze aus den Jahren 1978 bis 1986, die bisher in deutscher Sprache nicht vorliegen. Ihre Themen reichen von der Sonderwegsdiskussion bis zur Geschichte von Arbeiterkämpfen im Wilhelminischen Reich. Der zweite Teil enthält eine eher politikzentrierte Geschichte der Sozialdemokratie vom Ende der 1890er Jahre bis 1909. Diese ergänzt sachlich und chronologisch die Arbeiten des Verfassers, die 1973 unter dem Titel »Negative Integration und revolutionärer Attentismus« und 1992 zusammen mit Peter Brandt unter dem Titel »Vaterlandslose Gesellen. Sozialdemokratie und Nation« erschienen sind., UVK Verlagsgesellschaft mbH Univers.-Vlg Konstanz Universitätsverlag Konstanz, 1999, 0, Frankfurt u. Leipzig (1. Aufl.: Ulm?) 1770-1772.. (4 Tle. in 1. Bd) 4°. Titelbl., 5 nn. Bll. (Vorrede zur zweiten u. ersten Aufl.), 188 S., Titelbl., 226 S., Titelbl., 182 S., 1 nn. Bl., (Vorrede), 232 S., 6 nn. Bll. (Register), mit Titelblattvignetten, Kopfstücken, Initialen, Schlußvignetten u. Kopfleisten. Imitierter Halbpergamentband, Buchschnitt rotgefärbt, etwas berieben, Stehkanten geringfügig schadhaft, Vorsatz in späterer Zeit neu eingeklebt, Unterkante des vorderen fliegenden Vorsatzblattes beschnitten. Buchblock gut erhalten, wenig braunfleckig. Mit e. Ex-Libris am vorderen Innendeckel (Dr. Felix Batsy) u. alten Bleistiftanmerkungen am vorderen fliegenden Vorsatzblatt verso. ADB 18,100. Vgl. Holzm.-B. 2,210,7027. GV 20,133 u. 85,293. Brandl 2,143 - J. F. Le-Bret (1732-1807), evangelischer Theologe u. Historiker, gilt als der Begründer des modernen Geschichtsstudiums in Württemberg, "Er veröffentlichte eine Reihe von Schriften, welche z.T. wertvolle Sammelwerke bilden und namentlich darauf gerichtet sind, das System der römischen Kurie bekannt zu machen. Besondere Erwähnung verdienen (die) Pragmatische Geschichte etc." Le Bret wendet sich in vorl. Schrift, lt. Brandl e. "Verbreitetes antiröm. W(erk)", gegen die "Bulla in Coena Domini" oder Abendmahlsbulle, e. Sammlung von Exkommunikationssentenzen, die durch viele Jahrhunderte von den Päpsten alljährlich am Gründonnerstag mit einer Aufzählung der Namen der von der Kirche gebannten und vom Abendmahl ausgeschlossenen Häretiker und Schismatiker öffentlich verlesen wurde. Als ein Mittel der Kirchenpolitik rief sie zunehmend den Widerstand weltlicher Fürsten hervor. 1770 wurde diese Praxis eingestellt und 1869 ganz aufgehoben. Aus dem Besitz des Dr. Felix Batsy dessen Nachlaß kulturgeschichtlicher Werke großteils in der Wiener Stadt- u. Landesbibliothek aufbewahrt wird., Frankfurt u. Leipzig (1. Aufl.: Ulm?) 1770-1772., 0, Diederichs, 2006. 2006. Hardcover. 220 x 140 mm. Durch ihren spektakulären Wahlsieg im Januar 2006 ist die Hamas über Palästina hinaus zu einem der wichtigsten Machtfaktoren im Nahen und Mittleren Osten geworden. Das Buch der Nahostexpertin Helga Baumgarten gibt erstmals Einblick in Geschichte, Struktur und politisches Programm der Organisation. Die Hamas entstand im Dezember 1987 zu Beginn der palästinensischen Intifada und trat von Beginn an in bewussten Gegensatz zur PLOSie lehnte das Existenzrecht Israels ab, verweigerte eine friedliche Koexistenz mit dem jüdischen Staat und vertritt bis heute offizielle das Recht auf den bewaffneten Widerstand Helga Baumgarten zeigt, was die Wahl der Hamas für den Nahen und Mittleren Osten, aber auch für Europa und die westliche Welt bedeutet. Auszüge aus der Hamas-Charta sowie das komplette Hamas Wahlprogramm finden sich im Anhang des Buches erstmals in deutscher Übersetzung. Autor: Helga Baumgarten ist promovierte Politologin und Historikerin. Sie lehrt als DAAD-Gastprofessorin Politikwissenschaften an der Universität Birzeit (Palästina). Die ausgebildete Journalistin beschäftigt sich seit über 20 Jahren als Expertin mit der Geschichte der palästinensischen Befreiungsbewegung. Durch ihre Publikationen hat sie sich international einen Namen gemacht. Sie lebt in Jerusalem. Zusatzinfo mit Fotos Sprache: deutsch Maße 220 x 140 mm Einbandart gebunden Sachbuch Ratgeber Geschichte Politiker Geopolitik Gesellschaft HAMAS Sachbücher Politik Wirtschaft Sachbücher Außenpolitik Friedenspolitik Palästina Zeitgeschichte Palästinenser ISBN-10 3-7205-2820-0 / 3720528200 ISBN-13 978-3-7205-2820-7 / 9783720528207 Hamas: Der politische Islam in Palästina [Gebundene Ausgabe] Nahost Krise Gaza Israel Nahen Osten Palästina Mittlere Osten Intifada Juden Helga Baumgarten (Autor) Nahost Krise Gaza Israel Nahen Osten Palästina Mittlere Osten Intifada Juden Geopolitik Gesellschaft HAMAS Politik Wirtschaft Außenpolitik Friedenspolitik Palestine Zeitgeschichte Palästinenser Hamas: Der politische Islam in Palästina friedliche Koexistenz jüdischer Staat Widerstand Hamas-Charta Politologie Historiker Politikwissenschaften Universität Birzeit palästinensische Befreiungsbewegung Jerusalem Geschichte Politiker Helga Baumgarten (Autor) ISBN-10 3-7205-2820-0 / 3720528200 ISBN-13 978-3-7205-2820-7 / 9783720528207 Hamas: Der politische Islam in Palästina [Gebundene Ausgabe] Nahost Krise Gaza Israel Nahen Osten Palästina Mittlere Osten Intifada Juden Helga Baumgarten (Autor) Durch ihren spektakulären Wahlsieg im Januar 2006 ist die Hamas über Palästina hinaus zu einem der wichtigsten Machtfaktoren im Nahen und Mittleren Osten geworden. Das Buch der Nahostexpertin Helga Baumgarten gibt erstmals Einblick in Geschichte, Struktur und politisches Programm der Organisation. Die Hamas entstand im Dezember 1987 zu Beginn der palästinensischen Intifada und trat von Beginn an in bewussten Gegensatz zur PLOSie lehnte das Existenzrecht Israels ab, verweigerte eine friedliche Koexistenz mit dem jüdischen Staat und vertritt bis heute offizielle das Recht auf den bewaffneten Widerstand Helga Baumgarten zeigt, was die Wahl der Hamas für den Nahen und Mittleren Osten, aber auch für Europa und die westliche Welt bedeutet. Auszüge aus der Hamas-Charta sowie das komplette Hamas Wahlprogramm finden sich im Anhang des Buches erstmals in deutscher Übersetzung. Autor: Helga Baumgarten ist promovierte Politologin und Historikerin. Sie lehrt als DAAD-Gastprofessorin Politikwissenschaften an der Universität Birzeit (Palästina). Die ausgebildete Journalistin beschäftigt sich seit über 20 Jahren als Expertin mit der Geschichte der palästinensischen Befreiungsbewegung. Durch ihre Publikationen hat sie sich international einen Namen gemacht. Sie lebt in Jerusalem. Zusatzinfo mit Fotos Sprache: deutsch Maße 220 x 140 mm Einbandart gebunden Sachbuch Ratgeber Geschichte Politiker, Diederichs, 2006, 0, Campus Verlag, 1998. 1998. Softcover. 20,8 x 14,8 x 2,8 cm. Fritz Bauers Name ist mit dem großen Frankfurter Auschwitz-Prozeß verbunden, doch steht er auch für die juristische Aufarbeitung der NS-Verbrechen insgesemt. Er war Mitbegründer der Humanistischen Union und der Zeitschrift "Die Neue Gesellschaft"; hier setzte er sich mit der Obrigkeitsgläubigkeit in der jungen Bundesrepublik auseinander. Fritz Bauer war ein Verfechter des Widerstandsrechts, der Liberalisierung des Strafrechts und der Resozialisierung von Straftätern. In diesem Buch sind wichtige Beiträge des streitbaren Juristen gesammelt. Das Recht vom Himmel holen Eine Auswahl aus Fritz Bauers Schriften Unrecht, das von Staates wegen verübt wird, lässt sich nur unter grossen Schwierigkeiten juristisch ahnden. Kann man nicht auf allgemein anerkannte Menschenrechtskonventionen zurückgreifen, dann stellt sich nämlich die Frage, nach welchem Recht die Täter zur Rechenschaft gezogen werden sollen. Ist ein Rückgriff auf ein übergesetzliches Naturrecht mit dem Gedanken der Rechtssicherheit vereinbar? Darf man davon ausgehen, dass die Täter sich eines Unrechts bewusst sind, wenn sie menschenverachtende Normen anwenden? Mit diesen und anderen Fragen hatte sich die bundesdeutsche Justiz mehrmals auseinanderzusetzen, zunächst bei der Beurteilung von NS-Straftaten, jüngst wieder bei der Verurteilung von DDR-Staatsunrecht. Ahndung von Nazi-Verbrechen Einen wesentlichen Beitrag zur Klärung dieser Fragen stellt die unter dem Titel «Die Humanität der Rechtsordnung» veröffentlichte Auswahl aus den Schriften Fritz Bauers (1903–1968) dar, der als hessischer Generalstaatsanwalt so bedeutende Verfahren wie den Frankfurter Auschwitz-Prozess initiierte. Bauer war 1933 für mehrere Monate in ein Konzentrationslager verschleppt worden. 1936 musste er nach Dänemark emigrieren, von wo aus er sich 1943 vor der verstärkt einsetzenden Judenverfolgung nach Schweden retten konnte. 1949 kehrte er nach Deutschland zurück. Hier machte er sich rasch einen Namen als Spezialist für die Strafverfolgung von Nazi-Verbrechern. In einem ersten aufsehenerregenden Prozess erreichte Bauer, dass die Widerstandskämpfer des 20. Juli – Stauffenberg war ein Mitschüler Bauers gewesen – nicht ungestraft als «Landesverräter» bezeichnet werden durften. Massgeblichen Anteil hatte Bauer an dem Ende 1959 eingeleiteten Verfahren gegen die Organisatoren der «Euthanasie» – seine Beiträge zu diesem Thema sind schon 1996 erschienen. Anfang der sechziger Jahre schliesslich brachte Bauer, inzwischen hessischer Generalstaatsanwalt, einen zwei Jahre dauernden Prozess gegen die Lagerverwaltung von Auschwitz in Gang. Wie aus seinen Texten deutlich wird, hatte Bauer mit grossen Schwierigkeiten bei der Einleitung von Strafverfahren zu kämpfen. Nach dem Beginn des kalten Krieges hatte sich nämlich die Auffassung durchgesetzt, mit den Anstrengungen zur Verfolgung nationalsozialistischen Unrechts zwischen 1945 und 1950 könne es sein Bewenden haben. Immerhin wurde 1958 nach einer Phase der Untätigkeit die zentrale Stelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen in Ludwigsburg errichtet und damit die Strafverfolgung systematisiert. Bauers Verdienste um die Wiederbelebung der Prozesse gegen Massenmörder können nicht hoch genug eingeschätzt werden. Gesetz und Gerechtigkeit In seinen Beiträgen zu Fragen der NS-Verbrechen folgt Bauer zunächst dem Strafrechtler und Justizminister in der Weimarer Republik, Gustav Radbruch, der schon auf den Studenten Bauer einen starken Eindruck gemacht hatte. Mit Radbruchs Namen verbindet sich die These, ein Gesetz, welches in unerträglicher Weise gegen die Gerechtigkeit verstösst, entbehre der Rechtsnatur; die Prinzipien der Gerechtigkeit selbst existierten nicht in Gesetzesform, sondern seien Teil eines übergesetzlichen Naturrechts. Diese «Radbruch-Formel» hat sich auch die höchste deutsche Rechtsprechung nach dem Krieg zu eigen gemacht. Radbruch und der Rechtsprechung wirft Bauer vor, auf halbem Weg stehengeblieben zu sein: Wer die Existenz eines Naturrechts bejahe, müsse konsequenterweise den Schluss ziehen, dass sich Menschen bei Verstössen gegen Naturrecht auch eines Unrechts bewusst seien. Ein Richter, der naturrechtswidrige NS-Normen anwandte, hätte also, folgt man Bauer, Recht vorsätzlich gebeugt. Die Obergerichte sind dieser These Bauers allerdings nicht gefolgt, sondern haben jedenfalls den Richtern ein sogenanntes «Richterprivileg» zugestanden. Ihrem scheinbar akademischen Charakter zum Trotz ist Bauers These heute für die juristische Bewältigung des DDR-Unrechts von neuem aktuell. So hat etwa 1998 das Bundesverfassungsgericht – ganz im Sinne Bauers – die Verurteilung einer Richterin wegen Rechtsbeugung bestätigt, die unverhältnismässig hohe Haftstrafen ausgesprochen hatte. Abkehr von der Rache Bauer hat sich der Frage nach dem Unrechtsbewusstsein auch in einem anderen Kontext genähert, nämlich dem der Strafrechtsreform, die unter Adenauer begonnen und von der sozialliberalen Koalition nach Bauers Tod fortgesetzt wurde. Konsequent argumentierte er gegen die Auffassung, mit der Strafe werde primär die Schuld der Täter gesühnt, eine Auffassung, die sich bis heute, wenn auch in stark modifizierter Form, gehalten hat. Angesichts der Erkenntnisse der Naturwissenschaften über die Bedeutung von natürlicher Anlage und Umwelt für das menschliche Bewusstsein sei es wirklichkeitsfremd anzunehmen, die Täter seien sich stets ihrer Schuld bewusst. Zudem setze der klassische Schuldbegriff den freien Willen voraus, der aber – hier folgt Bauer Nietzsche – eine Fiktion sei, mit der die Gesellschaft vor sich selbst ihre primitive Neigung zur Rache rechtfertige. Folglich dürfe der Strafe keine Vergeltungs- oder Abschreckungsfunktion mehr zukommen, sondern sie habe ausschliesslich der Resozialisierung des Täters zu dienen. Formalismus und Vernunft In diesen Aufsätzen klärt Bauer auch seine eigenen Positionen: Hatte er in den früheren Aufsätzen offengelassen, ob auch er an ein Naturrecht glaubt, so heisst es jetzt: «Naturrechtssätze von unbestreitbarer Evidenz sind nicht nachweisbar.» Die Frage nach dem besten Recht, so können wir Bauer verstehen, lässt sich nur im öffentlichen Gespräch beantworten. Dies ist auch die herrschende Meinung unter zeitgenössischen Rechtsphilosophen. Die meisten Beiträge Bauers sind juristischen Themen gewidmet. Doch steht für ihn ausser Zweifel, dass mit rein juristischen Methoden die Lektionen aus der Vergangenheit nicht gezogen werden könnten. Bauer setzt auf die junge, unbelastete Generation, die mit der in seinen Augen traditionellen, formalistischen Rechtsauffassung in Deutschland brechen könne. In diesem Formalismus, der die Gesetzesbefolgung um des Gesetzes willen verlange, sieht er eine der Wurzeln der nationalsozialistischen Exzesse im besonderen und von Völkermorden im allgemeinen. Als geistige Väter dieser buchstabengläubigen Einstellung zum Gesetz betrachtet Bauer vor allem Hegel und Kant. Zwar glaubte sich, wie Hannah Arendt berichtet, sogar Eichmann im Einverständnis mit Kant, an dessen kategorischem Imperativ er sich stets orientiert haben wollte; aber Arendt bemerkt zu Recht, für Kant seien die Bürger bei ihren Handlungen dazu verpflichtet, ihre eigene praktische Vernunft zu gebrauchen und selbst die Probe auf die Vernünftigkeit einer Norm zu machen. Dies verträgt sich schlecht mit blindem Gesetzesgehorsam. Insofern lässt sich über Bauers historische Ableitung streiten. Bei der Lektüre drängt sich der Eindruck auf, gelegentliche Kürzungen würden den Zugang zu den Texten erleichtern. Ausführliche Angaben zu den Personen und Ereignissen lägen ebenfalls im Interesse des Lesers. Aber wer sich für die Justizgeschichte der Bundesrepublik und ihre Vergangenheitspolitik interessiert, wird sich von diesen Mängeln nicht abschrecken lassen und Bauers Aufsätze mit Gewinn lesen. Diese Vergangenheitspolitik selbst ist ja noch nicht Vergangenheit: 1998 wurden etwa per Gesetz NS-Urteile annulliert und die Todesurteile gegen Bonhoeffer und andere Widerstandskämpfer aufgehoben. Dank der Aktualität der meisten anderen Themen sind die Beiträge für den rechtsphilosophisch interessierten Leser nicht minder lesenswert. Wie der Fall Pinochet zeigt, werden die Menschenrechte endlich auch auf internationaler Ebene vom Himmel geholt und angewendet. Ulrich Ernst -- Neue Zürcher Zeitung Die Humanität der Rechtsordnung: Ausgewählte Schriften Wissenschaftliche Reihe des Fritz Bauer Instituts von Fritz Bauer, Joachim Perels und Irmtrud Woja Fritz Bauers Name ist mit dem großen Frankfurter Auschwitz-Prozeß verbunden, doch steht er auch für die juristische Aufarbeitung der NS-Verbrechen insgesemt. Er war Mitbegründer der Humanistischen Union und der Zeitschrift "Die Neue Gesellschaft"; hier setzte er sich mit der Obrigkeitsgläubigkeit in der jungen Bundesrepublik auseinander. Fritz Bauer war ein Verfechter des Widerstandsrechts, der Liberalisierung des Strafrechts und der Resozialisierung von Straftätern. In diesem Buch sind wichtige Beiträge des streitbaren Juristen gesammelt. Das Recht vom Himmel holen Eine Auswahl aus Fritz Bauers Schriften Unrecht, das von Staates wegen verübt wird, lässt sich nur unter grossen Schwierigkeiten juristisch ahnden. Kann man nicht auf allgemein anerkannte Menschenrechtskonventionen zurückgreifen, dann stellt sich nämlich die Frage, nach welchem Recht die Täter zur Rechenschaft gezogen werden sollen. Ist ein Rückgriff auf ein übergesetzliches Naturrecht mit dem Gedanken der Rechtssicherheit vereinbar? Darf man davon ausgehen, dass die Täter sich eines Unrechts bewusst sind, wenn sie menschenverachtende Normen anwenden? Mit diesen und anderen Fragen hatte sich die bundesdeutsche Justiz mehrmals auseinanderzusetzen, zunächst bei der Beurteilung von NS-Straftaten, jüngst wieder bei der Verurteilung von DDR-Staatsunrecht. Ahndung von Nazi-Verbrechen Einen wesentlichen Beitrag zur Klärung dieser Fragen stellt die unter dem Titel «Die Humanität der Rechtsordnung» veröffentlichte Auswahl aus den Schriften Fritz Bauers (1903–1968) dar, der als hessischer Generalstaatsanwalt so bedeutende Verfahren wie den Frankfurter Auschwitz-Prozess initiierte. Bauer war 1933 für mehrere Monate in ein Konzentrationslager verschleppt worden. 1936 musste er nach Dänemark emigrieren, von wo aus er sich 1943 vor der verstärkt einsetzenden Judenverfolgung nach Schweden retten konnte. 1949 kehrte er nach Deutschland zurück. Hier machte er sich rasch einen Namen als Spezialist für die Strafverfolgung von Nazi-Verbrechern. In einem ersten aufsehenerregenden Prozess erreichte Bauer, dass die Widerstandskämpfer des 20. Juli – Stauffenberg war ein Mitschüler Bauers gewesen – nicht ungestraft als «Landesverräter» bezeichnet werden durften. Massgeblichen Anteil hatte Bauer an dem Ende 1959 eingeleiteten Verfahren gegen die Organisatoren der «Euthanasie» – seine Beiträge zu diesem Thema sind schon 1996 erschienen. Anfang der sechziger Jahre schliesslich brachte Bauer, inzwischen hessischer Generalstaatsanwalt, einen zwei Jahre dauernden Prozess gegen die Lagerverwaltung von Auschwitz in Gang. Wie aus seinen Texten deutlich wird, hatte Bauer mit grossen Schwierigkeiten bei der Einleitung von Strafverfahren zu kämpfen. Nach dem Beginn des kalten Krieges hatte sich nämlich die Auffassung durchgesetzt, mit den Anstrengungen zur Verfolgung nationalsozialistischen Unrechts zwischen 1945 und 1950 könne es sein Bewenden haben. Immerhin wurde 1958 nach einer Phase der Untätigkeit die zentrale Stelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen in Ludwigsburg errichtet und damit die Strafverfolgung systematisiert. Bauers Verdienste um die Wiederbelebung der Prozesse gegen Massenmörder können nicht hoch genug eingeschätzt werden. Gesetz und Gerechtigkeit In seinen Beiträgen zu Fragen der NS-Verbrechen folgt Bauer zunächst dem Strafrechtler und Justizminister in der Weimarer Republik, Gustav Radbruch, der schon auf den Studenten Bauer einen starken Eindruck gemacht hatte. Mit Radbruchs Namen verbindet sich die These, ein Gesetz, welches in unerträglicher Weise gegen die Gerechtigkeit verstösst, entbehre der Rechtsnatur; die Prinzipien der Gerechtigkeit selbst existierten nicht in Gesetzesform, sondern seien Teil eines übergesetzlichen Naturrechts. Diese «Radbruch-Formel» hat sich auch die höchste deutsche Rechtsprechung nach dem Krieg zu eigen gemacht. Radbruch und der Rechtsprechung wirft Bauer vor, auf halbem Weg stehengeblieben zu sein: Wer die Existenz eines Naturrechts bejahe, müsse konsequenterweise den Schluss ziehen, dass sich Menschen bei Verstössen gegen Naturrecht auch eines Unrechts bewusst seien. Ein Richter, der naturrechtswidrige NS-Normen anwandte, hätte also, folgt man Bauer, Recht vorsätzlich gebeugt. Die Obergerichte sind dieser These Bauers allerdings nicht gefolgt, sondern haben jedenfalls den Richtern ein sogenanntes «Richterprivileg» zugestanden. Ihrem scheinbar akademischen Charakter zum Trotz ist Bauers These heute für die juristische Bewältigung des DDR-Unrechts von neuem aktuell. So hat etwa 1998 das Bundesverfassungsgericht – ganz im Sinne Bauers – die Verurteilung einer Richterin wegen Rechtsbeugung bestätigt, die unverhältnismässig hohe Haftstrafen ausgesprochen hatte. Abkehr von der Rache Bauer hat sich der Frage nach dem Unrechtsbewusstsein auch in einem anderen Kontext genähert, nämlich dem der Strafrechtsreform, die unter Adenauer begonnen und von der sozialliberalen Koalition nach Bauers Tod fortgesetzt wurde. Konsequent argumentierte er gegen die Auffassung, mit der Strafe werde primär die Schuld der Täter gesühnt, eine Auffassung, die sich bis heute, wenn auch in stark modifizierter Form, gehalten hat. Angesichts der Erkenntnisse der Naturwissenschaften über die Bedeutung von natürlicher Anlage und Umwelt für das menschliche Bewusstsein sei es wirklichkeitsfremd anzunehmen, die Täter seien sich stets ihrer Schuld bewusst. Zudem setze der klassische Schuldbegriff den freien Willen voraus, der aber – hier folgt Bauer Nietzsche – eine Fiktion sei, mit der die Gesellschaft vor sich selbst ihre primitive Neigung zur Rache rechtfertige. Folglich dürfe der Strafe keine Vergeltungs- oder Abschreckungsfunktion mehr zukommen, sondern sie habe ausschliesslich der Resozialisierung des Täters zu dienen. Formalismus und Vernunft In diesen Aufsätzen klärt Bauer auch seine eigenen Positionen: Hatte er in den früheren Aufsätzen offengelassen, ob auch er an ein Naturrecht glaubt, so heisst es jetzt: «Naturrechtssätze von unbestreitbarer Evidenz sind nicht nachweisbar.» Die Frage nach dem besten Recht, so können wir Bauer verstehen, lässt sich nur im öffentlichen Gespräch beantworten. Dies ist auch die herrschende Meinung unter zeitgenössischen Rechtsphilosophen. Die meisten Be, Campus Verlag, 1998, 0<
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Die Humanität der Rechtsordnung: Ausgewählte Schriften Wissenschaftliche Reihe des Fritz Bauer Instituts von Fritz Bauer, Joachim Perels und Irmtrud Wojak NS-Verbrechen Menschenrechtskonventionen Widerstandsrecht Liberalisierung des Strafrechts Resozialisierung von Straftätern Obrigkeitsgläubigkeit Fritz Bauers Name ist mit dem großen Frankfurter Auschwitz-Prozeß verbunden, doch steht er auch für die juristische Aufarbeitung der NS-Verbrechen insgesemt. Er war Mitbegründer der Humanistischen Union und der Zeitschrift "Die Neue Gesellschaft"; hier setzte er sich mit der Obrigkeitsgläubigkeit in der jungen Bundesrepublik auseinander. Fritz Bauer war ein Verfechter des Widerstandsrechts, der Liberalisierung des Strafrechts und der Resozialisierung von Straftätern. In diesem Buch sind wichtige Beiträge des streitbaren Juristen gesammelt. Das Recht vom Himmel holen Eine Auswahl aus Fritz Bauers Schriften Unrecht, das von Staates wegen verübt wird, lässt sich nur unter grossen Schwierigkeiten juristisc - edizione con copertina flessibile
2004, ISBN: 9783593358413
edizione con copertina rigida
Eichborn, 2004. 2004. Hardcover. 22,6 x 16 x 3,6 cm. Eine Enzyklopädie des Grauens - Foltermethoden und Foltergeräte aus Geschichte und Gegenwart. In Westeuropa ist sie heute glücklicher… Altro …
Eichborn, 2004. 2004. Hardcover. 22,6 x 16 x 3,6 cm. Eine Enzyklopädie des Grauens - Foltermethoden und Foltergeräte aus Geschichte und Gegenwart. In Westeuropa ist sie heute glücklicherweise verschwunden: Die Folter. Nur noch als Schicksal von Flüchtlingen aus anderen Weltgegenden taucht sie in unserem Alltag auf. Es ist allerdings gar nicht lange her, da wurden grausame Methoden zum Erzwingen von Geständnissen oder zum Quälen von Gegnern auch in unseren Breiten regelmäßig angewandt. Horst Herrmann hat ein vollständiges Lexikon der historischen und aktuellen Foltermethoden erstellt. Er erläutert die Vorgehensweise der Folterknechte und Henker ohne jede Sensationshascherei, in nüchternem und knappem Ton, und zitiert historische Quellen und Beispiele. Das Ergebnis ist nicht mehr, aber auch nicht weniger als ein historisches Grundlagenwerk. Mit seinen populären Lexika hat der Eichborn-Verlag schon manches Mal Geschmacksgrenzen ausgelotet. Nur ungern erinnern wir uns an das Lexikon merkwürdiger Todesarten oder das Lexikon der Attentate. Nun also ein Lexikon über Die Folter. Eine Enzyklopädie des Grauens. Gewiss: Auch dieses Buch ist eine schwere Prüfung. Doch dieses Mal hat hier mit Horst Herrmann jemand die Feder geführt, der dem Thema gewachsen war. Ein Mann, der bekannt dafür ist auch dann genau hinzuschauen, wenn es weh tut. "Der Körper des Menschen kennt kein Glied, für das kein eigenes Foltergerät erfunden und benutzt worden wäre und wird" schreibt der in Münster lehrende Soziologe, dem die katholische Kirche schon Mitte der siebziger Jahre die theologische Lehrbefugnis entzogen hat, weil er auch in ihre Geschichte allzu deutlich hineingeleuchtet hatte. Von "Abhacken" über "Abziehen (der Haut)", "Einschmiedefolter", die "Eselrittfolter", "Folterschulen", "Kastrationsfolter", die "Rösttiertortur" bis zur "Zwangstracht" reichen die Beispiele für Foltermethoden, -rituale und Werkzeuge, die der Autor zusammengetragen hat und akribisch beschreibt. Ob man das alles wirklich so genau wissen will, sei dahin gestellt. Als Entspannungslektüre vor dem Einschlafen ist der Band sicherlich nicht geeignet. Aber er informiert exakt und verständlich. Und er stellt auch Zusammenhänge her und kommentiert ausführlich. Vor allem aber führt er anschaulich vor Augen, wie viel Intelligenz Menschen aufgewendet haben und immer noch aufwenden, um anderen Menschen extremes Leid zuzufügen. Wer wissen will, zu welchen Grausamkeiten Menschen fähig sind, der sollte auch gegen innere Widerstände doch einmal einen Blick in dieses Buch werfen. So merkwürdig es klingt: Über die Folter ist zwar immer wieder geschrieben worden, aber noch nie so systematisch und detailliert wie in dieser Enzyklopädie. Sie führt sage und schreibe 450 Stichwörter auf - und beschreibt wirklich ALLE Foltergeräte und Foltermethoden, die der renommierte Autor aus Quellen aller Kontinente zusammengesucht hat. Historische und aktuelle Beispiele runden den positiven Gesamteindruck ab: Wer sich über die Maschinerie der Martern detailgenau informieren möchte, muß hier zugreifen. Dabei geht es dem Autor, daran ist kein Zweifel, stets um Solidarität mit den Opfern - gleich, ob es sich um "Hexen" oder um Häftlinge im Irak handelt. Ein notwendiges Buch, auf das man durchaus "sparen" sollte. Es ersetzt wahrscheinlich alle anderen Bücher zum Thema und ist ein echtes Standwerk. Der renommierte Soziologieprofessor Horst Herrmann legt mit diesem Buch ein eindrucksvolles Standardwerk zu einem dunklen Kapitel der Menschheit vor. Die erschütternden Vorfälle im Irak zeugen von der ewigen Aktualität des Themas Folter. In wohl keinem anderen Bereich hat die menschliche (bzw. unmenschliche) Phantasie eine derartige "Kreativität" entfaltet, wie beim Ersinnen von Foltermethoden und -geräten. Herrmanns enzyklopädisches Lexikon schildert auf fast 400 S., dass es kein Körperteil gibt, das nicht Zielscheibe von Torturen wurde und wird; kein Gerät dafür nicht verwendet wird. Nicht zuletzt führt uns dieses wichtige Buch vor Augen, wie dünn die Haut der Zivilisation ist. "Am 5. Januar 1757 sticht F. R. Damiens auf König Ludwig XV. von Frankreich ein. Dieser wird kaum verletzt, nur seine Haut ist geritzt; die Rache fällt freilich schrecklich aus, der Attentäter wird zum Tod durch Vierteilen verurteilt. Die Justiz Seiner Majestät hat den verworren wirkenden Damiens bereits foltern lassen; die zugezogenen Ärzte raten, die Folter nicht allzu sehr auszuweiten, damit Damiens ihr nicht erliege. Seine Beine versagen bereits den Dienst, er kann nicht mehr stehen oder gehen. Doch ungerührt nimmt die offizielle Vergeltung ihren Lauf: Zu Beginn der Hinrichtung taucht der Henker die Hand, in der Damiens das Messer gehalten hatte, in eine Pfanne brennenden Schwefel, bis sie verkohlt. Dann reißt ein Helfer mit einer glühenden Zange Fleischstücke aus Armen, Brust, Bauch und Schenkeln des Verurteilten, legt nach jedem Riß die Zange wieder in das Feuer und gießt flüssiges Harz oder Blei in die Wunde. Damiens stößt entsetzliche Schmerzensschreie aus. Schließlich der eigentliche Vollzug der Todesstrafe: Der Delinquent soll mit Hilfe von Pferden gevierteilt werden. Die Tiere sind an seine Arme und Beine gebunden und ziehen in vier Richtungen. Doch der Körper widersteht mehreren Versuchen. Da durchtrennt der Scharfrichter die Sehnen an den Beinen und in den Achselhöhlen des Damiens. Die Maßnahme hat Erfolg: Die Beine lösen sich beim Anrucken der Pferde vom Rumpf, die Arme folgen knirschend, und endlich erreicht die Gerechtigkeit des Königs ihr Ziel. Der Leichnam und die abgerissenen Extremitäten des Attentäters landen auf dem Scheiterhaufen. Alles nur Vergangenheit? Natürlich; in der neueren Geschichte der westlichen Welt wurde die Folter im Strafverfahren ebenso abgeschafft wie in vielen Ländern die Todesstrafe ..." Sprache deutsch Maße 220 x 150 mm Einbandart gebunden Schulbuch Wörterbuch Lexikon Chroniken Folter Folterknecht Lexika Nachschlagewerke Torture Lexikon Nachschlagewerk Sachbücher Torturen Lexika Nachschlagewerke Lexikon Enzyklopädien Kirche Strafe ISBN-10 3-8218-3951-1 / 3821839511 ISBN-13 978-3-8218-3951-6 / 9783821839516 Die Folter. Eine Enzyklopädie des Grauens [Gebundene Ausgabe] Horst Herrmann (Autor) Eine Enzyklopädie des Grauens - Foltermethoden und Foltergeräte aus Geschichte und Gegenwart. In Westeuropa ist sie heute glücklicherweise verschwunden: Die Folter. Nur noch als Schicksal von Flüchtlingen aus anderen Weltgegenden taucht sie in unserem Alltag auf. Es ist allerdings gar nicht lange her, da wurden grausame Methoden zum Erzwingen von Geständnissen oder zum Quälen von Gegnern auch in unseren Breiten regelmäßig angewandt. Horst Herrmann hat ein vollständiges Lexikon der historischen und aktuellen Foltermethoden erstellt. Er erläutert die Vorgehensweise der Folterknechte und Henker ohne jede Sensationshascherei, in nüchternem und knappem Ton, und zitiert historische Quellen und Beispiele. Das Ergebnis ist nicht mehr, aber auch nicht weniger als ein historisches Grundlagenwerk. Mit seinen populären Lexika hat der Eichborn-Verlag schon manches Mal Geschmacksgrenzen ausgelotet. Nur ungern erinnern wir uns an das Lexikon merkwürdiger Todesarten oder das Lexikon der Attentate. Nun also ein Lexikon über Die Folter. Eine Enzyklopädie des Grauens. Gewiss: Auch dieses Buch ist eine schwere Prüfung. Doch dieses Mal hat hier mit Horst Herrmann jemand die Feder geführt, der dem Thema gewachsen war. Ein Mann, der bekannt dafür ist auch dann genau hinzuschauen, wenn es weh tut. "Der Körper des Menschen kennt kein Glied, für das kein eigenes Foltergerät erfunden und benutzt worden wäre und wird" schreibt der in Münster lehrende Soziologe, dem die katholische Kirche schon Mitte der siebziger Jahre die theologische Lehrbefugnis entzogen hat, weil er auch in ihre Geschichte allzu deutlich hineingeleuchtet hatte. Von "Abhacken" über "Abziehen (der Haut)", "Einschmiedefolter", die "Eselrittfolter", "Folterschulen", "Kastrationsfolter", die "Rösttiertortur" bis zur "Zwangstracht" reichen die Beispiele für Foltermethoden, -rituale und Werkzeuge, die der Autor zusammengetragen hat und akribisch beschreibt. Ob man das alles wirklich so genau wissen will, sei dahin gestellt. Als Entspannungslektüre vor dem Einschlafen ist der Band sicherlich nicht geeignet. Aber er informiert exakt und verständlich. Und er stellt auch Zusammenhänge her und kommentiert ausführlich. Vor allem aber führt er anschaulich vor Augen, wie viel Intelligenz Menschen aufgewendet haben und immer noch aufwenden, um anderen Menschen extremes Leid zuzufügen. Wer wissen will, zu welchen Grausamkeiten Menschen fähig sind, der sollte auch gegen innere Widerstände doch einmal einen Blick in dieses Buch werfen. So merkwürdig es klingt: Über die Folter ist zwar immer wieder geschrieben worden, aber noch nie so systematisch und detailliert wie in dieser Enzyklopädie. Sie führt sage und schreibe 450 Stichwörter auf - und beschreibt wirklich ALLE Foltergeräte und Foltermethoden, die der renommierte Autor aus Quellen aller Kontinente zusammengesucht hat. Historische und aktuelle Beispiele runden den positiven Gesamteindruck ab: Wer sich über die Maschinerie der Martern detailgenau informieren möchte, muß hier zugreifen. Dabei geht es dem Autor, daran ist kein Zweifel, stets um Solidarität mit den Opfern - gleich, ob es sich um "Hexen" oder um Häftlinge im Irak handelt. Ein notwendiges Buch, auf das man durchaus "sparen" sollte. Es ersetzt wahrscheinlich alle anderen Bücher zum Thema und ist ein echtes Standwerk. Der renommierte Soziologieprofessor Horst Herrmann legt mit diesem Buch ein eindrucksvolles Standardwerk zu einem dunklen Kapitel der Menschheit vor. Die erschütternden Vorfälle im Irak zeugen von der ewigen Aktualität des Themas Folter. In wohl keinem anderen Bereich hat die menschliche (bzw. unmenschliche) Phantasie eine derartige "Kreativität" entfaltet, wie beim Ersinnen von Foltermethoden und -geräten. Herrmanns enzyklopädisches Lexikon schildert auf fast 400 S., dass es kein Körperteil gibt, das nicht Zielscheibe von Torturen wurde und wird; kein Gerät dafür nicht verwendet wird. Nicht zuletzt führt uns dieses wichtige Buch vor Augen, wie dünn die Haut der Zivilisation ist. "Am 5. Januar 1757 sticht F. R. Damiens auf König Ludwig XV. von Frankreich ein. Dieser wird kaum verletzt, nur seine Haut ist geritzt; die Rache fällt freilich schrecklich aus, der Attentäter wird zum Tod durch Vierteilen verurteilt. Die Justiz Seiner Majestät hat den verworren wirkenden Damiens bereits foltern lassen; die zugezogenen Ärzte raten, die Folter nicht allzu sehr auszuweiten, damit Damiens ihr nicht erliege. Seine Beine versagen bereits den Dienst, er kann nicht mehr stehen oder gehen. Doch ungerührt nimmt die offizielle Vergeltung ihren Lauf: Zu Beginn der Hinrichtung taucht der Henker die Hand, in der Damiens das Messer gehalten hatte, in eine Pfanne brennenden Schwefel, bis sie verkohlt. Dann reißt ein Helfer mit einer glühenden Zange Fleischstücke aus Armen, Brust, Bauch und Schenkeln des Verurteilten, legt nach jedem Riß die Zange wieder in das Feuer und gießt flüssiges Harz oder Blei in die Wunde. Damiens stößt entsetzliche Schmerzensschreie aus. Schließlich der eigentliche Vollzug der Todesstrafe: Der Delinquent soll mit Hilfe von Pferden gevierteilt werden. Die Tiere sind an seine Arme und Beine gebunden und ziehen in vier Richtungen. Doch der Körper widersteht mehreren Versuchen. Da durchtrennt der Scharfrichter die Sehnen an den Beinen und in den Achselhöhlen des Damiens. Die Maßnahme hat Erfolg: Die Beine lösen sich beim Anrucken der Pferde vom Rumpf, die Arme folgen knirschend, und endlich erreicht die Gerechtigkeit des Königs ihr Ziel. Der Leichnam und die abgerissenen Extremitäten des Attentäters landen auf dem Scheiterhaufen. Alles nur Vergangenheit? Natürlich; in der neueren Geschichte der westlichen Welt wurde die Folter im Strafverfahren ebenso abgeschafft wie in vielen Ländern die Todesstrafe ..." Sprache deutsch Maße 220 x 150 mm Einbandart gebunden Schulbuch Wörterbuch Lexikon Chroniken Folter Folterknecht Lexika Nachschlagewerke Torture Lexikon Nachschlagewerk Sachbücher Torturen Lexika Nachschlagewerke Lexikon Enzyklopädien Kirche Strafe ISBN-10 3-8218-3951-1 / 3821839511 ISBN-13 978-3-8218-3951-6 / 9783821839516 Die Folter. Eine Enzyklopädie des Grauens [Gebundene Ausgabe] Horst Herrmann (Autor), Eichborn, 2004, 0, Campus Verlag, 1998. 1998. Softcover. 20,8 x 14,8 x 2,8 cm. Fritz Bauers Name ist mit dem großen Frankfurter Auschwitz-Prozeß verbunden, doch steht er auch für die juristische Aufarbeitung der NS-Verbrechen insgesemt. Er war Mitbegründer der Humanistischen Union und der Zeitschrift "Die Neue Gesellschaft"; hier setzte er sich mit der Obrigkeitsgläubigkeit in der jungen Bundesrepublik auseinander. Fritz Bauer war ein Verfechter des Widerstandsrechts, der Liberalisierung des Strafrechts und der Resozialisierung von Straftätern. In diesem Buch sind wichtige Beiträge des streitbaren Juristen gesammelt. Das Recht vom Himmel holen Eine Auswahl aus Fritz Bauers Schriften Unrecht, das von Staates wegen verübt wird, lässt sich nur unter grossen Schwierigkeiten juristisch ahnden. Kann man nicht auf allgemein anerkannte Menschenrechtskonventionen zurückgreifen, dann stellt sich nämlich die Frage, nach welchem Recht die Täter zur Rechenschaft gezogen werden sollen. Ist ein Rückgriff auf ein übergesetzliches Naturrecht mit dem Gedanken der Rechtssicherheit vereinbar? Darf man davon ausgehen, dass die Täter sich eines Unrechts bewusst sind, wenn sie menschenverachtende Normen anwenden? Mit diesen und anderen Fragen hatte sich die bundesdeutsche Justiz mehrmals auseinanderzusetzen, zunächst bei der Beurteilung von NS-Straftaten, jüngst wieder bei der Verurteilung von DDR-Staatsunrecht. Ahndung von Nazi-Verbrechen Einen wesentlichen Beitrag zur Klärung dieser Fragen stellt die unter dem Titel «Die Humanität der Rechtsordnung» veröffentlichte Auswahl aus den Schriften Fritz Bauers (1903–1968) dar, der als hessischer Generalstaatsanwalt so bedeutende Verfahren wie den Frankfurter Auschwitz-Prozess initiierte. Bauer war 1933 für mehrere Monate in ein Konzentrationslager verschleppt worden. 1936 musste er nach Dänemark emigrieren, von wo aus er sich 1943 vor der verstärkt einsetzenden Judenverfolgung nach Schweden retten konnte. 1949 kehrte er nach Deutschland zurück. Hier machte er sich rasch einen Namen als Spezialist für die Strafverfolgung von Nazi-Verbrechern. In einem ersten aufsehenerregenden Prozess erreichte Bauer, dass die Widerstandskämpfer des 20. Juli – Stauffenberg war ein Mitschüler Bauers gewesen – nicht ungestraft als «Landesverräter» bezeichnet werden durften. Massgeblichen Anteil hatte Bauer an dem Ende 1959 eingeleiteten Verfahren gegen die Organisatoren der «Euthanasie» – seine Beiträge zu diesem Thema sind schon 1996 erschienen. Anfang der sechziger Jahre schliesslich brachte Bauer, inzwischen hessischer Generalstaatsanwalt, einen zwei Jahre dauernden Prozess gegen die Lagerverwaltung von Auschwitz in Gang. Wie aus seinen Texten deutlich wird, hatte Bauer mit grossen Schwierigkeiten bei der Einleitung von Strafverfahren zu kämpfen. Nach dem Beginn des kalten Krieges hatte sich nämlich die Auffassung durchgesetzt, mit den Anstrengungen zur Verfolgung nationalsozialistischen Unrechts zwischen 1945 und 1950 könne es sein Bewenden haben. Immerhin wurde 1958 nach einer Phase der Untätigkeit die zentrale Stelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen in Ludwigsburg errichtet und damit die Strafverfolgung systematisiert. Bauers Verdienste um die Wiederbelebung der Prozesse gegen Massenmörder können nicht hoch genug eingeschätzt werden. Gesetz und Gerechtigkeit In seinen Beiträgen zu Fragen der NS-Verbrechen folgt Bauer zunächst dem Strafrechtler und Justizminister in der Weimarer Republik, Gustav Radbruch, der schon auf den Studenten Bauer einen starken Eindruck gemacht hatte. Mit Radbruchs Namen verbindet sich die These, ein Gesetz, welches in unerträglicher Weise gegen die Gerechtigkeit verstösst, entbehre der Rechtsnatur; die Prinzipien der Gerechtigkeit selbst existierten nicht in Gesetzesform, sondern seien Teil eines übergesetzlichen Naturrechts. Diese «Radbruch-Formel» hat sich auch die höchste deutsche Rechtsprechung nach dem Krieg zu eigen gemacht. Radbruch und der Rechtsprechung wirft Bauer vor, auf halbem Weg stehengeblieben zu sein: Wer die Existenz eines Naturrechts bejahe, müsse konsequenterweise den Schluss ziehen, dass sich Menschen bei Verstössen gegen Naturrecht auch eines Unrechts bewusst seien. Ein Richter, der naturrechtswidrige NS-Normen anwandte, hätte also, folgt man Bauer, Recht vorsätzlich gebeugt. Die Obergerichte sind dieser These Bauers allerdings nicht gefolgt, sondern haben jedenfalls den Richtern ein sogenanntes «Richterprivileg» zugestanden. Ihrem scheinbar akademischen Charakter zum Trotz ist Bauers These heute für die juristische Bewältigung des DDR-Unrechts von neuem aktuell. So hat etwa 1998 das Bundesverfassungsgericht – ganz im Sinne Bauers – die Verurteilung einer Richterin wegen Rechtsbeugung bestätigt, die unverhältnismässig hohe Haftstrafen ausgesprochen hatte. Abkehr von der Rache Bauer hat sich der Frage nach dem Unrechtsbewusstsein auch in einem anderen Kontext genähert, nämlich dem der Strafrechtsreform, die unter Adenauer begonnen und von der sozialliberalen Koalition nach Bauers Tod fortgesetzt wurde. Konsequent argumentierte er gegen die Auffassung, mit der Strafe werde primär die Schuld der Täter gesühnt, eine Auffassung, die sich bis heute, wenn auch in stark modifizierter Form, gehalten hat. Angesichts der Erkenntnisse der Naturwissenschaften über die Bedeutung von natürlicher Anlage und Umwelt für das menschliche Bewusstsein sei es wirklichkeitsfremd anzunehmen, die Täter seien sich stets ihrer Schuld bewusst. Zudem setze der klassische Schuldbegriff den freien Willen voraus, der aber – hier folgt Bauer Nietzsche – eine Fiktion sei, mit der die Gesellschaft vor sich selbst ihre primitive Neigung zur Rache rechtfertige. Folglich dürfe der Strafe keine Vergeltungs- oder Abschreckungsfunktion mehr zukommen, sondern sie habe ausschliesslich der Resozialisierung des Täters zu dienen. Formalismus und Vernunft In diesen Aufsätzen klärt Bauer auch seine eigenen Positionen: Hatte er in den früheren Aufsätzen offengelassen, ob auch er an ein Naturrecht glaubt, so heisst es jetzt: «Naturrechtssätze von unbestreitbarer Evidenz sind nicht nachweisbar.» Die Frage nach dem besten Recht, so können wir Bauer verstehen, lässt sich nur im öffentlichen Gespräch beantworten. Dies ist auch die herrschende Meinung unter zeitgenössischen Rechtsphilosophen. Die meisten Beiträge Bauers sind juristischen Themen gewidmet. Doch steht für ihn ausser Zweifel, dass mit rein juristischen Methoden die Lektionen aus der Vergangenheit nicht gezogen werden könnten. Bauer setzt auf die junge, unbelastete Generation, die mit der in seinen Augen traditionellen, formalistischen Rechtsauffassung in Deutschland brechen könne. In diesem Formalismus, der die Gesetzesbefolgung um des Gesetzes willen verlange, sieht er eine der Wurzeln der nationalsozialistischen Exzesse im besonderen und von Völkermorden im allgemeinen. Als geistige Väter dieser buchstabengläubigen Einstellung zum Gesetz betrachtet Bauer vor allem Hegel und Kant. Zwar glaubte sich, wie Hannah Arendt berichtet, sogar Eichmann im Einverständnis mit Kant, an dessen kategorischem Imperativ er sich stets orientiert haben wollte; aber Arendt bemerkt zu Recht, für Kant seien die Bürger bei ihren Handlungen dazu verpflichtet, ihre eigene praktische Vernunft zu gebrauchen und selbst die Probe auf die Vernünftigkeit einer Norm zu machen. Dies verträgt sich schlecht mit blindem Gesetzesgehorsam. Insofern lässt sich über Bauers historische Ableitung streiten. Bei der Lektüre drängt sich der Eindruck auf, gelegentliche Kürzungen würden den Zugang zu den Texten erleichtern. Ausführliche Angaben zu den Personen und Ereignissen lägen ebenfalls im Interesse des Lesers. Aber wer sich für die Justizgeschichte der Bundesrepublik und ihre Vergangenheitspolitik interessiert, wird sich von diesen Mängeln nicht abschrecken lassen und Bauers Aufsätze mit Gewinn lesen. Diese Vergangenheitspolitik selbst ist ja noch nicht Vergangenheit: 1998 wurden etwa per Gesetz NS-Urteile annulliert und die Todesurteile gegen Bonhoeffer und andere Widerstandskämpfer aufgehoben. Dank der Aktualität der meisten anderen Themen sind die Beiträge für den rechtsphilosophisch interessierten Leser nicht minder lesenswert. Wie der Fall Pinochet zeigt, werden die Menschenrechte endlich auch auf internationaler Ebene vom Himmel geholt und angewendet. Ulrich Ernst -- Neue Zürcher Zeitung Die Humanität der Rechtsordnung: Ausgewählte Schriften Wissenschaftliche Reihe des Fritz Bauer Instituts von Fritz Bauer, Joachim Perels und Irmtrud Woja Fritz Bauers Name ist mit dem großen Frankfurter Auschwitz-Prozeß verbunden, doch steht er auch für die juristische Aufarbeitung der NS-Verbrechen insgesemt. Er war Mitbegründer der Humanistischen Union und der Zeitschrift "Die Neue Gesellschaft"; hier setzte er sich mit der Obrigkeitsgläubigkeit in der jungen Bundesrepublik auseinander. Fritz Bauer war ein Verfechter des Widerstandsrechts, der Liberalisierung des Strafrechts und der Resozialisierung von Straftätern. In diesem Buch sind wichtige Beiträge des streitbaren Juristen gesammelt. Das Recht vom Himmel holen Eine Auswahl aus Fritz Bauers Schriften Unrecht, das von Staates wegen verübt wird, lässt sich nur unter grossen Schwierigkeiten juristisch ahnden. Kann man nicht auf allgemein anerkannte Menschenrechtskonventionen zurückgreifen, dann stellt sich nämlich die Frage, nach welchem Recht die Täter zur Rechenschaft gezogen werden sollen. Ist ein Rückgriff auf ein übergesetzliches Naturrecht mit dem Gedanken der Rechtssicherheit vereinbar? Darf man davon ausgehen, dass die Täter sich eines Unrechts bewusst sind, wenn sie menschenverachtende Normen anwenden? Mit diesen und anderen Fragen hatte sich die bundesdeutsche Justiz mehrmals auseinanderzusetzen, zunächst bei der Beurteilung von NS-Straftaten, jüngst wieder bei der Verurteilung von DDR-Staatsunrecht. Ahndung von Nazi-Verbrechen Einen wesentlichen Beitrag zur Klärung dieser Fragen stellt die unter dem Titel «Die Humanität der Rechtsordnung» veröffentlichte Auswahl aus den Schriften Fritz Bauers (1903–1968) dar, der als hessischer Generalstaatsanwalt so bedeutende Verfahren wie den Frankfurter Auschwitz-Prozess initiierte. Bauer war 1933 für mehrere Monate in ein Konzentrationslager verschleppt worden. 1936 musste er nach Dänemark emigrieren, von wo aus er sich 1943 vor der verstärkt einsetzenden Judenverfolgung nach Schweden retten konnte. 1949 kehrte er nach Deutschland zurück. Hier machte er sich rasch einen Namen als Spezialist für die Strafverfolgung von Nazi-Verbrechern. In einem ersten aufsehenerregenden Prozess erreichte Bauer, dass die Widerstandskämpfer des 20. Juli – Stauffenberg war ein Mitschüler Bauers gewesen – nicht ungestraft als «Landesverräter» bezeichnet werden durften. Massgeblichen Anteil hatte Bauer an dem Ende 1959 eingeleiteten Verfahren gegen die Organisatoren der «Euthanasie» – seine Beiträge zu diesem Thema sind schon 1996 erschienen. Anfang der sechziger Jahre schliesslich brachte Bauer, inzwischen hessischer Generalstaatsanwalt, einen zwei Jahre dauernden Prozess gegen die Lagerverwaltung von Auschwitz in Gang. Wie aus seinen Texten deutlich wird, hatte Bauer mit grossen Schwierigkeiten bei der Einleitung von Strafverfahren zu kämpfen. Nach dem Beginn des kalten Krieges hatte sich nämlich die Auffassung durchgesetzt, mit den Anstrengungen zur Verfolgung nationalsozialistischen Unrechts zwischen 1945 und 1950 könne es sein Bewenden haben. Immerhin wurde 1958 nach einer Phase der Untätigkeit die zentrale Stelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen in Ludwigsburg errichtet und damit die Strafverfolgung systematisiert. Bauers Verdienste um die Wiederbelebung der Prozesse gegen Massenmörder können nicht hoch genug eingeschätzt werden. Gesetz und Gerechtigkeit In seinen Beiträgen zu Fragen der NS-Verbrechen folgt Bauer zunächst dem Strafrechtler und Justizminister in der Weimarer Republik, Gustav Radbruch, der schon auf den Studenten Bauer einen starken Eindruck gemacht hatte. Mit Radbruchs Namen verbindet sich die These, ein Gesetz, welches in unerträglicher Weise gegen die Gerechtigkeit verstösst, entbehre der Rechtsnatur; die Prinzipien der Gerechtigkeit selbst existierten nicht in Gesetzesform, sondern seien Teil eines übergesetzlichen Naturrechts. Diese «Radbruch-Formel» hat sich auch die höchste deutsche Rechtsprechung nach dem Krieg zu eigen gemacht. Radbruch und der Rechtsprechung wirft Bauer vor, auf halbem Weg stehengeblieben zu sein: Wer die Existenz eines Naturrechts bejahe, müsse konsequenterweise den Schluss ziehen, dass sich Menschen bei Verstössen gegen Naturrecht auch eines Unrechts bewusst seien. Ein Richter, der naturrechtswidrige NS-Normen anwandte, hätte also, folgt man Bauer, Recht vorsätzlich gebeugt. Die Obergerichte sind dieser These Bauers allerdings nicht gefolgt, sondern haben jedenfalls den Richtern ein sogenanntes «Richterprivileg» zugestanden. Ihrem scheinbar akademischen Charakter zum Trotz ist Bauers These heute für die juristische Bewältigung des DDR-Unrechts von neuem aktuell. So hat etwa 1998 das Bundesverfassungsgericht – ganz im Sinne Bauers – die Verurteilung einer Richterin wegen Rechtsbeugung bestätigt, die unverhältnismässig hohe Haftstrafen ausgesprochen hatte. Abkehr von der Rache Bauer hat sich der Frage nach dem Unrechtsbewusstsein auch in einem anderen Kontext genähert, nämlich dem der Strafrechtsreform, die unter Adenauer begonnen und von der sozialliberalen Koalition nach Bauers Tod fortgesetzt wurde. Konsequent argumentierte er gegen die Auffassung, mit der Strafe werde primär die Schuld der Täter gesühnt, eine Auffassung, die sich bis heute, wenn auch in stark modifizierter Form, gehalten hat. Angesichts der Erkenntnisse der Naturwissenschaften über die Bedeutung von natürlicher Anlage und Umwelt für das menschliche Bewusstsein sei es wirklichkeitsfremd anzunehmen, die Täter seien sich stets ihrer Schuld bewusst. Zudem setze der klassische Schuldbegriff den freien Willen voraus, der aber – hier folgt Bauer Nietzsche – eine Fiktion sei, mit der die Gesellschaft vor sich selbst ihre primitive Neigung zur Rache rechtfertige. Folglich dürfe der Strafe keine Vergeltungs- oder Abschreckungsfunktion mehr zukommen, sondern sie habe ausschliesslich der Resozialisierung des Täters zu dienen. Formalismus und Vernunft In diesen Aufsätzen klärt Bauer auch seine eigenen Positionen: Hatte er in den früheren Aufsätzen offengelassen, ob auch er an ein Naturrecht glaubt, so heisst es jetzt: «Naturrechtssätze von unbestreitbarer Evidenz sind nicht nachweisbar.» Die Frage nach dem besten Recht, so können wir Bauer verstehen, lässt sich nur im öffentlichen Gespräch beantworten. Dies ist auch die herrschende Meinung unter zeitgenössischen Rechtsphilosophen. Die meisten Be, Campus Verlag, 1998, 0<
deu, deu | Biblio.co.uk BOOK-SERVICE Lars Lutzer - ANTIQUARIAN BOOKS - LITERATURE SEARCH *** BOOKSERVICE *** ANTIQUARIAN RESEARCH, BOOK-SERVICE Lars Lutzer - ANTIQUARIAN BOOKS - LITERATURE SEARCH *** BOOKSERVICE *** ANTIQUARIAN RESEARCH Costi di spedizione: EUR 7.04 Details... |
Die Humanität der Rechtsordnung: Ausgewählte Schriften Wissenschaftliche Reihe des Fritz Bauer Instituts von Fritz Bauer, Joachim Perels und Irmtrud Wojak NS-Verbrechen Menschenrechtskonventionen Widerstandsrecht Liberalisierung des Strafrechts Resozialisierung von Straftätern Obrigkeitsgläubigkeit Fritz Bauers Name ist mit dem großen Frankfurter Auschwitz-Prozeß verbunden, doch steht er auch für die juristische Aufarbeitung der NS-Verbrechen insgesemt. Er war Mitbegründer der Humanistischen Union und der Zeitschrift "Die Neue Gesellschaft"; hier setzte er sich mit der Obrigkeitsgläubigkeit in der jungen Bundesrepublik auseinander. Fritz Bauer war ein Verfechter des Widerstandsrechts, der Liberalisierung des Strafrechts und der Resozialisierung von Straftätern. In diesem Buch sind wichtige Beiträge des streitbaren Juristen gesammelt. Das Recht vom Himmel holen Eine Auswahl aus Fritz Bauers Schriften Unrecht, das von Staates wegen verübt wird, lässt sich nur unter grossen Schwierigkeiten juristisc - edizione con copertina flessibile
1998, ISBN: 9783593358413
Campus Verlag, 1998. 1998. Softcover. 20,8 x 14,8 x 2,8 cm. Fritz Bauers Name ist mit dem großen Frankfurter Auschwitz-Prozeß verbunden, doch steht er auch für die juristische Aufarbeitu… Altro …
Campus Verlag, 1998. 1998. Softcover. 20,8 x 14,8 x 2,8 cm. Fritz Bauers Name ist mit dem großen Frankfurter Auschwitz-Prozeß verbunden, doch steht er auch für die juristische Aufarbeitung der NS-Verbrechen insgesemt. Er war Mitbegründer der Humanistischen Union und der Zeitschrift "Die Neue Gesellschaft"; hier setzte er sich mit der Obrigkeitsgläubigkeit in der jungen Bundesrepublik auseinander. Fritz Bauer war ein Verfechter des Widerstandsrechts, der Liberalisierung des Strafrechts und der Resozialisierung von Straftätern. In diesem Buch sind wichtige Beiträge des streitbaren Juristen gesammelt. Das Recht vom Himmel holen Eine Auswahl aus Fritz Bauers Schriften Unrecht, das von Staates wegen verübt wird, lässt sich nur unter grossen Schwierigkeiten juristisch ahnden. Kann man nicht auf allgemein anerkannte Menschenrechtskonventionen zurückgreifen, dann stellt sich nämlich die Frage, nach welchem Recht die Täter zur Rechenschaft gezogen werden sollen. Ist ein Rückgriff auf ein übergesetzliches Naturrecht mit dem Gedanken der Rechtssicherheit vereinbar? Darf man davon ausgehen, dass die Täter sich eines Unrechts bewusst sind, wenn sie menschenverachtende Normen anwenden? Mit diesen und anderen Fragen hatte sich die bundesdeutsche Justiz mehrmals auseinanderzusetzen, zunächst bei der Beurteilung von NS-Straftaten, jüngst wieder bei der Verurteilung von DDR-Staatsunrecht. Ahndung von Nazi-Verbrechen Einen wesentlichen Beitrag zur Klärung dieser Fragen stellt die unter dem Titel «Die Humanität der Rechtsordnung» veröffentlichte Auswahl aus den Schriften Fritz Bauers (1903–1968) dar, der als hessischer Generalstaatsanwalt so bedeutende Verfahren wie den Frankfurter Auschwitz-Prozess initiierte. Bauer war 1933 für mehrere Monate in ein Konzentrationslager verschleppt worden. 1936 musste er nach Dänemark emigrieren, von wo aus er sich 1943 vor der verstärkt einsetzenden Judenverfolgung nach Schweden retten konnte. 1949 kehrte er nach Deutschland zurück. Hier machte er sich rasch einen Namen als Spezialist für die Strafverfolgung von Nazi-Verbrechern. In einem ersten aufsehenerregenden Prozess erreichte Bauer, dass die Widerstandskämpfer des 20. Juli – Stauffenberg war ein Mitschüler Bauers gewesen – nicht ungestraft als «Landesverräter» bezeichnet werden durften. Massgeblichen Anteil hatte Bauer an dem Ende 1959 eingeleiteten Verfahren gegen die Organisatoren der «Euthanasie» – seine Beiträge zu diesem Thema sind schon 1996 erschienen. Anfang der sechziger Jahre schliesslich brachte Bauer, inzwischen hessischer Generalstaatsanwalt, einen zwei Jahre dauernden Prozess gegen die Lagerverwaltung von Auschwitz in Gang. Wie aus seinen Texten deutlich wird, hatte Bauer mit grossen Schwierigkeiten bei der Einleitung von Strafverfahren zu kämpfen. Nach dem Beginn des kalten Krieges hatte sich nämlich die Auffassung durchgesetzt, mit den Anstrengungen zur Verfolgung nationalsozialistischen Unrechts zwischen 1945 und 1950 könne es sein Bewenden haben. Immerhin wurde 1958 nach einer Phase der Untätigkeit die zentrale Stelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen in Ludwigsburg errichtet und damit die Strafverfolgung systematisiert. Bauers Verdienste um die Wiederbelebung der Prozesse gegen Massenmörder können nicht hoch genug eingeschätzt werden. Gesetz und Gerechtigkeit In seinen Beiträgen zu Fragen der NS-Verbrechen folgt Bauer zunächst dem Strafrechtler und Justizminister in der Weimarer Republik, Gustav Radbruch, der schon auf den Studenten Bauer einen starken Eindruck gemacht hatte. Mit Radbruchs Namen verbindet sich die These, ein Gesetz, welches in unerträglicher Weise gegen die Gerechtigkeit verstösst, entbehre der Rechtsnatur; die Prinzipien der Gerechtigkeit selbst existierten nicht in Gesetzesform, sondern seien Teil eines übergesetzlichen Naturrechts. Diese «Radbruch-Formel» hat sich auch die höchste deutsche Rechtsprechung nach dem Krieg zu eigen gemacht. Radbruch und der Rechtsprechung wirft Bauer vor, auf halbem Weg stehengeblieben zu sein: Wer die Existenz eines Naturrechts bejahe, müsse konsequenterweise den Schluss ziehen, dass sich Menschen bei Verstössen gegen Naturrecht auch eines Unrechts bewusst seien. Ein Richter, der naturrechtswidrige NS-Normen anwandte, hätte also, folgt man Bauer, Recht vorsätzlich gebeugt. Die Obergerichte sind dieser These Bauers allerdings nicht gefolgt, sondern haben jedenfalls den Richtern ein sogenanntes «Richterprivileg» zugestanden. Ihrem scheinbar akademischen Charakter zum Trotz ist Bauers These heute für die juristische Bewältigung des DDR-Unrechts von neuem aktuell. So hat etwa 1998 das Bundesverfassungsgericht – ganz im Sinne Bauers – die Verurteilung einer Richterin wegen Rechtsbeugung bestätigt, die unverhältnismässig hohe Haftstrafen ausgesprochen hatte. Abkehr von der Rache Bauer hat sich der Frage nach dem Unrechtsbewusstsein auch in einem anderen Kontext genähert, nämlich dem der Strafrechtsreform, die unter Adenauer begonnen und von der sozialliberalen Koalition nach Bauers Tod fortgesetzt wurde. Konsequent argumentierte er gegen die Auffassung, mit der Strafe werde primär die Schuld der Täter gesühnt, eine Auffassung, die sich bis heute, wenn auch in stark modifizierter Form, gehalten hat. Angesichts der Erkenntnisse der Naturwissenschaften über die Bedeutung von natürlicher Anlage und Umwelt für das menschliche Bewusstsein sei es wirklichkeitsfremd anzunehmen, die Täter seien sich stets ihrer Schuld bewusst. Zudem setze der klassische Schuldbegriff den freien Willen voraus, der aber – hier folgt Bauer Nietzsche – eine Fiktion sei, mit der die Gesellschaft vor sich selbst ihre primitive Neigung zur Rache rechtfertige. Folglich dürfe der Strafe keine Vergeltungs- oder Abschreckungsfunktion mehr zukommen, sondern sie habe ausschliesslich der Resozialisierung des Täters zu dienen. Formalismus und Vernunft In diesen Aufsätzen klärt Bauer auch seine eigenen Positionen: Hatte er in den früheren Aufsätzen offengelassen, ob auch er an ein Naturrecht glaubt, so heisst es jetzt: «Naturrechtssätze von unbestreitbarer Evidenz sind nicht nachweisbar.» Die Frage nach dem besten Recht, so können wir Bauer verstehen, lässt sich nur im öffentlichen Gespräch beantworten. Dies ist auch die herrschende Meinung unter zeitgenössischen Rechtsphilosophen. Die meisten Beiträge Bauers sind juristischen Themen gewidmet. Doch steht für ihn ausser Zweifel, dass mit rein juristischen Methoden die Lektionen aus der Vergangenheit nicht gezogen werden könnten. Bauer setzt auf die junge, unbelastete Generation, die mit der in seinen Augen traditionellen, formalistischen Rechtsauffassung in Deutschland brechen könne. In diesem Formalismus, der die Gesetzesbefolgung um des Gesetzes willen verlange, sieht er eine der Wurzeln der nationalsozialistischen Exzesse im besonderen und von Völkermorden im allgemeinen. Als geistige Väter dieser buchstabengläubigen Einstellung zum Gesetz betrachtet Bauer vor allem Hegel und Kant. Zwar glaubte sich, wie Hannah Arendt berichtet, sogar Eichmann im Einverständnis mit Kant, an dessen kategorischem Imperativ er sich stets orientiert haben wollte; aber Arendt bemerkt zu Recht, für Kant seien die Bürger bei ihren Handlungen dazu verpflichtet, ihre eigene praktische Vernunft zu gebrauchen und selbst die Probe auf die Vernünftigkeit einer Norm zu machen. Dies verträgt sich schlecht mit blindem Gesetzesgehorsam. Insofern lässt sich über Bauers historische Ableitung streiten. Bei der Lektüre drängt sich der Eindruck auf, gelegentliche Kürzungen würden den Zugang zu den Texten erleichtern. Ausführliche Angaben zu den Personen und Ereignissen lägen ebenfalls im Interesse des Lesers. Aber wer sich für die Justizgeschichte der Bundesrepublik und ihre Vergangenheitspolitik interessiert, wird sich von diesen Mängeln nicht abschrecken lassen und Bauers Aufsätze mit Gewinn lesen. Diese Vergangenheitspolitik selbst ist ja noch nicht Vergangenheit: 1998 wurden etwa per Gesetz NS-Urteile annulliert und die Todesurteile gegen Bonhoeffer und andere Widerstandskämpfer aufgehoben. Dank der Aktualität der meisten anderen Themen sind die Beiträge für den rechtsphilosophisch interessierten Leser nicht minder lesenswert. Wie der Fall Pinochet zeigt, werden die Menschenrechte endlich auch auf internationaler Ebene vom Himmel geholt und angewendet. Ulrich Ernst -- Neue Zürcher Zeitung Die Humanität der Rechtsordnung: Ausgewählte Schriften Wissenschaftliche Reihe des Fritz Bauer Instituts von Fritz Bauer, Joachim Perels und Irmtrud Woja Fritz Bauers Name ist mit dem großen Frankfurter Auschwitz-Prozeß verbunden, doch steht er auch für die juristische Aufarbeitung der NS-Verbrechen insgesemt. Er war Mitbegründer der Humanistischen Union und der Zeitschrift "Die Neue Gesellschaft"; hier setzte er sich mit der Obrigkeitsgläubigkeit in der jungen Bundesrepublik auseinander. Fritz Bauer war ein Verfechter des Widerstandsrechts, der Liberalisierung des Strafrechts und der Resozialisierung von Straftätern. In diesem Buch sind wichtige Beiträge des streitbaren Juristen gesammelt. Das Recht vom Himmel holen Eine Auswahl aus Fritz Bauers Schriften Unrecht, das von Staates wegen verübt wird, lässt sich nur unter grossen Schwierigkeiten juristisch ahnden. Kann man nicht auf allgemein anerkannte Menschenrechtskonventionen zurückgreifen, dann stellt sich nämlich die Frage, nach welchem Recht die Täter zur Rechenschaft gezogen werden sollen. Ist ein Rückgriff auf ein übergesetzliches Naturrecht mit dem Gedanken der Rechtssicherheit vereinbar? Darf man davon ausgehen, dass die Täter sich eines Unrechts bewusst sind, wenn sie menschenverachtende Normen anwenden? Mit diesen und anderen Fragen hatte sich die bundesdeutsche Justiz mehrmals auseinanderzusetzen, zunächst bei der Beurteilung von NS-Straftaten, jüngst wieder bei der Verurteilung von DDR-Staatsunrecht. Ahndung von Nazi-Verbrechen Einen wesentlichen Beitrag zur Klärung dieser Fragen stellt die unter dem Titel «Die Humanität der Rechtsordnung» veröffentlichte Auswahl aus den Schriften Fritz Bauers (1903–1968) dar, der als hessischer Generalstaatsanwalt so bedeutende Verfahren wie den Frankfurter Auschwitz-Prozess initiierte. Bauer war 1933 für mehrere Monate in ein Konzentrationslager verschleppt worden. 1936 musste er nach Dänemark emigrieren, von wo aus er sich 1943 vor der verstärkt einsetzenden Judenverfolgung nach Schweden retten konnte. 1949 kehrte er nach Deutschland zurück. Hier machte er sich rasch einen Namen als Spezialist für die Strafverfolgung von Nazi-Verbrechern. In einem ersten aufsehenerregenden Prozess erreichte Bauer, dass die Widerstandskämpfer des 20. Juli – Stauffenberg war ein Mitschüler Bauers gewesen – nicht ungestraft als «Landesverräter» bezeichnet werden durften. Massgeblichen Anteil hatte Bauer an dem Ende 1959 eingeleiteten Verfahren gegen die Organisatoren der «Euthanasie» – seine Beiträge zu diesem Thema sind schon 1996 erschienen. Anfang der sechziger Jahre schliesslich brachte Bauer, inzwischen hessischer Generalstaatsanwalt, einen zwei Jahre dauernden Prozess gegen die Lagerverwaltung von Auschwitz in Gang. Wie aus seinen Texten deutlich wird, hatte Bauer mit grossen Schwierigkeiten bei der Einleitung von Strafverfahren zu kämpfen. Nach dem Beginn des kalten Krieges hatte sich nämlich die Auffassung durchgesetzt, mit den Anstrengungen zur Verfolgung nationalsozialistischen Unrechts zwischen 1945 und 1950 könne es sein Bewenden haben. Immerhin wurde 1958 nach einer Phase der Untätigkeit die zentrale Stelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen in Ludwigsburg errichtet und damit die Strafverfolgung systematisiert. Bauers Verdienste um die Wiederbelebung der Prozesse gegen Massenmörder können nicht hoch genug eingeschätzt werden. Gesetz und Gerechtigkeit In seinen Beiträgen zu Fragen der NS-Verbrechen folgt Bauer zunächst dem Strafrechtler und Justizminister in der Weimarer Republik, Gustav Radbruch, der schon auf den Studenten Bauer einen starken Eindruck gemacht hatte. Mit Radbruchs Namen verbindet sich die These, ein Gesetz, welches in unerträglicher Weise gegen die Gerechtigkeit verstösst, entbehre der Rechtsnatur; die Prinzipien der Gerechtigkeit selbst existierten nicht in Gesetzesform, sondern seien Teil eines übergesetzlichen Naturrechts. Diese «Radbruch-Formel» hat sich auch die höchste deutsche Rechtsprechung nach dem Krieg zu eigen gemacht. Radbruch und der Rechtsprechung wirft Bauer vor, auf halbem Weg stehengeblieben zu sein: Wer die Existenz eines Naturrechts bejahe, müsse konsequenterweise den Schluss ziehen, dass sich Menschen bei Verstössen gegen Naturrecht auch eines Unrechts bewusst seien. Ein Richter, der naturrechtswidrige NS-Normen anwandte, hätte also, folgt man Bauer, Recht vorsätzlich gebeugt. Die Obergerichte sind dieser These Bauers allerdings nicht gefolgt, sondern haben jedenfalls den Richtern ein sogenanntes «Richterprivileg» zugestanden. Ihrem scheinbar akademischen Charakter zum Trotz ist Bauers These heute für die juristische Bewältigung des DDR-Unrechts von neuem aktuell. So hat etwa 1998 das Bundesverfassungsgericht – ganz im Sinne Bauers – die Verurteilung einer Richterin wegen Rechtsbeugung bestätigt, die unverhältnismässig hohe Haftstrafen ausgesprochen hatte. Abkehr von der Rache Bauer hat sich der Frage nach dem Unrechtsbewusstsein auch in einem anderen Kontext genähert, nämlich dem der Strafrechtsreform, die unter Adenauer begonnen und von der sozialliberalen Koalition nach Bauers Tod fortgesetzt wurde. Konsequent argumentierte er gegen die Auffassung, mit der Strafe werde primär die Schuld der Täter gesühnt, eine Auffassung, die sich bis heute, wenn auch in stark modifizierter Form, gehalten hat. Angesichts der Erkenntnisse der Naturwissenschaften über die Bedeutung von natürlicher Anlage und Umwelt für das menschliche Bewusstsein sei es wirklichkeitsfremd anzunehmen, die Täter seien sich stets ihrer Schuld bewusst. Zudem setze der klassische Schuldbegriff den freien Willen voraus, der aber – hier folgt Bauer Nietzsche – eine Fiktion sei, mit der die Gesellschaft vor sich selbst ihre primitive Neigung zur Rache rechtfertige. Folglich dürfe der Strafe keine Vergeltungs- oder Abschreckungsfunktion mehr zukommen, sondern sie habe ausschliesslich der Resozialisierung des Täters zu dienen. Formalismus und Vernunft In diesen Aufsätzen klärt Bauer auch seine eigenen Positionen: Hatte er in den früheren Aufsätzen offengelassen, ob auch er an ein Naturrecht glaubt, so heisst es jetzt: «Naturrechtssätze von unbestreitbarer Evidenz sind nicht nachweisbar.» Die Frage nach dem besten Recht, so können wir Bauer verstehen, lässt sich nur im öffentlichen Gespräch beantworten. Dies ist auch die herrschende Meinung unter zeitgenössischen Rechtsphilosophen. Die meisten Be, Campus Verlag, 1998, 0<
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Die Humanität der Rechtsordnung: Ausgewählte Schriften Wissenschaftliche Reihe des Fritz Bauer Instituts von Fritz Bauer, Joachim Perels und Irmtrud Wojak NS-Verbrechen Menschenrechtskonventionen Widerstandsrecht Liberalisierung des Strafrechts Resozialisierung von Straftätern Obrigkeitsgläubigkeit Fritz Bauers Name ist mit dem großen Frankfurter Auschwitz-Prozeß verbunden, doch steht er auch für die juristische Aufarbeitung der NS-Verbrechen insgesemt. Er war Mitbegründer der Humanistischen Union und der Zeitschrift "Die Neue Gesellschaft"; hier setzte er sich mit der Obrigkeitsgläubigkeit in der jungen Bundesrepublik auseinander. Fritz Bauer war ein Verfechter des Widerstandsrechts, der Liberalisierung des Strafrechts und der Resozialisierung von Straftätern. In diesem Buch sind wichtige Beiträge des streitbaren Juristen gesammelt. Das Recht vom Himmel holen Eine Auswahl aus Fritz Bauers Schriften Unrecht, das von Staates wegen verübt wird, lässt sich nur unter grossen Schwierigkeite - edizione con copertina flessibile
1998, ISBN: 3593358417
[EAN: 9783593358413], Gebraucht, sehr guter Zustand, [SC: 6.95], [PU: Campus Verlag], FRITZ BAUERS NAME IST MIT DEM GROSSEN FRANKFURTER AUSCHWITZ-PROZESS VERBUNDEN, DOCH STEHT ER AUCH FÜR… Altro …
[EAN: 9783593358413], Gebraucht, sehr guter Zustand, [SC: 6.95], [PU: Campus Verlag], FRITZ BAUERS NAME IST MIT DEM GROSSEN FRANKFURTER AUSCHWITZ-PROZESS VERBUNDEN, DOCH STEHT ER AUCH FÜR DIE JURISTISCHE AUFARBEITUNG DER NS-VERBRECHEN INSGESEMT. WAR MITBEGRÜNDER HUMANISTISCHEN UNION UND ZEITSCHRIFT "DIE NEUE GESELLSCHAFT"; HIER SETZTE SICH OBRIGKEITSGLÄUBIGKEIT IN JUNGEN BUNDESREPUBLIK AUSEINANDER. BAUER EIN VERFECHTER DES WIDERSTANDSRECHTS, LIBERALISIERUNG STRAFRECHTS RESOZIALISIERUNG VON STRAFTÄTERN. DIESEM BUCH SIND WICHTIGE BEITRÄGE STREITBAREN JURISTEN GESAMMELT. DAS RECHT VOM HIMMEL HOLEN EINE AUSWAHL AUS SCHRIFTEN UNRECHT, STAATES WEGEN VERÜBT WIRD, LÄSST NUR UNTER SCHWIERIGKEITEN JURISTISCH AHNDEN. KANN MAN NICHT AUF ALLGEMEIN ANERKANNTE MENSCHENRECHTSKONVENTIONEN ZURÜCKGREIFEN, DANN STELLT NÄMLICH FRAGE, NACH WELCHEM TÄTER ZUR RECHENSCHAFT GEZOGEN WERDEN SOLLEN. RÜCKGRIFF ÜBERGESETZLICHES NATURRECHT GEDANKEN RECHTSSICHERHEIT VEREINBAR? DARF DAVON AUSGEHEN, DASS EINES UNRECHTS BEWUSST SIND, WENN SIE MENSCHENVERACHTENDE NORMEN ANWENDEN? DIESEN ANDEREN FRAGEN HATTE BUNDESDEUTSCHE JUSTIZ MEHRMALS AUSEINANDERZUSETZEN, ZUNÄCHST BEI BEURTEILUNG NS-STRAFTATEN, JÜNGST WIEDER VERURTEILUNG DDR-STAATSUNRECHT. AHNDUNG NAZI-VERBRECHEN EINEN WESENTLICHEN BEITRAG KLÄRUNG DIESER TITEL «DIE HUMANITÄT RECHTSORDNUNG» VERÖFFENTLICHTE DEN (1903–1968) DAR, ALS HESSISCHER GENERALSTAATSANWALT SO BEDEUTENDE VERFAHREN WIE INITIIERTE. 1933 MEHRERE MONATE KONZENTRATIONSLAGER VERSCHLEPPT WORDEN. 1936 MUSSTE DÄNEMARK EMIGRIEREN, WO 1943 VOR VERSTÄRKT EINSETZENDEN JUDENVERFOLGUNG SCHWEDEN RETTEN KONNTE. 1949 KEHRTE DEUTSCHLAND ZURÜCK. MACHTE RASCH NAMEN SPEZIALIST STRAFVERFOLGUNG NAZI-VERBRECHERN. EINEM ERSTEN AUFSEHENERREGENDEN PROZESS ERREICHTE BAUER, WIDERSTANDSKÄMPFER 20. JULI – STAUFFENBERG MITSCHÜLER GEWESEN UNGESTRAFT «LANDESVERRÄTER» BEZEICHNET DURFTEN. MASSGEBLICHEN ANTEIL AN ENDE 1959 EINGELEITETEN GEGEN ORGANISATOREN «EUTHANASIE» SEINE ZU THEMA SCHON 1996 ERSCHIENEN. ANFANG SECHZIGER JAHRE SCHLIESSLICH BRACHTE INZWISCHEN GENERALSTAATSANWALT, ZWEI DAUERNDEN LAGER, Fritz Bauers Name ist mit dem großen Frankfurter Auschwitz-Prozeß verbunden, doch steht er auch für die juristische Aufarbeitung der NS-Verbrechen insgesemt. Er war Mitbegründer der Humanistischen Union und der Zeitschrift "Die Neue Gesellschaft"; hier setzte er sich mit der Obrigkeitsgläubigkeit in der jungen Bundesrepublik auseinander. Fritz Bauer war ein Verfechter des Widerstandsrechts, der Liberalisierung des Strafrechts und der Resozialisierung von Straftätern. In diesem Buch sind wichtige Beiträge des streitbaren Juristen gesammelt. Das Recht vom Himmel holen Eine Auswahl aus Fritz Bauers Schriften Unrecht, das von Staates wegen verübt wird, lässt sich nur unter grossen Schwierigkeiten juristisch ahnden. Kann man nicht auf allgemein anerkannte Menschenrechtskonventionen zurückgreifen, dann stellt sich nämlich die Frage, nach welchem Recht die Täter zur Rechenschaft gezogen werden sollen. Ist ein Rückgriff auf ein übergesetzliches Naturrecht mit dem Gedanken der Rechtssicherheit vereinbar? Darf man davon ausgehen, dass die Täter sich eines Unrechts bewusst sind, wenn sie menschenverachtende Normen anwenden? Mit diesen und anderen Fragen hatte sich die bundesdeutsche Justiz mehrmals auseinanderzusetzen, zunächst bei der Beurteilung von NS-Straftaten, jüngst wieder bei der Verurteilung von DDR-Staatsunrecht. Ahndung von Nazi-Verbrechen Einen wesentlichen Beitrag zur Klärung dieser Fragen stellt die unter dem Titel «Die Humanität der Rechtsordnung» veröffentlichte Auswahl aus den Schriften Fritz Bauers (1903–1968) dar, der als hessischer Generalstaatsanwalt so bedeutende Verfahren wie den Frankfurter Auschwitz-Prozess initiierte. Bauer war 1933 für mehrere Monate in ein Konzentrationslager verschleppt worden. 1936 musste er nach Dänemark emigrieren, von wo aus er sich 1943 vor der verstärkt einsetzenden Judenverfolgung nach Schweden retten konnte. 1949 kehrte er nach Deutschland zurück. Hier machte er sich rasch einen Namen als Spezialist für die Strafverfolgung von Nazi-Verbrechern. In einem ersten aufsehenerregenden Prozess erreichte Bauer, dass die Widerstandskämpfer des 20. Juli – Stauffenberg war ein Mitschüler Bauers gewesen – nicht ungestraft als «Landesverräter» bezeichnet werden durften. Massgeblichen Anteil hatte Bauer an dem Ende 1959 eingeleiteten Verfahren gegen die Organisatoren der «Euthanasie» – seine Beiträge zu diesem Thema sind schon 1996 erschienen. Anfang der sechziger Jahre schliesslich brachte Bauer, inzwischen hessischer Generalstaatsanwalt, einen zwei Jahre dauernden Prozess gegen die Lagerverwaltung von Auschwitz in Gang. Wie aus seinen Texten deutlich wird, hatte Bauer mit grossen Schwierigkeiten bei der Einleitung von Strafverfahren zu kämpfen. Nach dem Beginn des kalten Krieges hatte sich nämlich die Auffassung durchgesetzt, mit den Anstrengungen zur Verfolgung nationalsozialistischen Unrechts zwischen 1945 und 1950 könne es sein Bewenden haben. Immerhin wurde 1958 nach einer Phase der Untätigkeit die zentrale Stelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen in Ludwigsburg errichtet und damit die Strafverfolgung systematisiert. Bauers Verdienste um die Wiederbelebung der Prozesse gegen Massenmörder können nicht hoch genug eingeschätzt werden. Gesetz und Gerechtigkeit In seinen Beiträgen zu Fragen der NS-Verbrechen folgt Bauer zunächst dem Strafrechtler und Justizminister in der Weimarer Republik, Gustav Radbruch, der schon auf den Studenten Bauer einen starken Eindruck gemacht hatte. Mit Radbruchs Namen verbindet sich die These, ein Gesetz, welches in unerträglicher Weise gegen die Gerechtigkeit verstösst, entbehre der Rechtsnatur; die Prinzipien der Gerechtigkeit selbst existierten nicht in Gesetzesform, sondern seien Teil eines übergesetzlichen Naturrechts. Diese «Radbruch-Formel» hat sich auch die höchste deutsche Rechtsprechung nach dem Krieg zu eigen gemacht. Radbruch und der Rechtsprechung wirft Bauer vor, auf halbem Weg stehengeblieben zu sein: Wer die Existenz eines Naturrechts bejahe, müsse konsequenterweise den Schluss ziehen, dass sich Menschen bei Verstössen gegen Naturrecht auch eines Unrechts bewusst seien. Ein Richter, der naturrechtswidrige NS-Normen anwandte, hätte also, folgt man Bauer, Recht vorsätzlich gebeugt. Die Obergerichte sind dieser These Bauers allerdings nicht gefolgt, sondern haben jedenfalls den Richtern ein sogenanntes «Richterprivileg» zugestanden. Ihrem scheinbar akademischen Charakter zum Trotz ist Bauers These heute für die juristische Bewältigung des DDR-Unrechts von neuem aktuell. So hat etwa 1998 das Bundesverfassungsgericht – ganz im Sinne Bauers – die Verurteilung einer Richterin wegen Rechtsbeugung bestätigt, die unverhältnismässig hohe Haftstrafen ausgesprochen hatte. Abkehr von der Rache Bauer hat sich der Frage nach dem Unrechtsbewusstsein auch in einem anderen Kontext genähert, nämlich dem der Strafrechtsreform, die unter Adenauer begonnen und von der sozialliberalen Koalition nach Bauers Tod fortgesetzt wurde. Konsequent argumentierte er gegen die Auffassung, mit der Strafe werde primär die Schuld der Täter gesühnt, eine Auffassung, die sich bis heute, wenn auch in stark modifizierter Form, gehalten hat. Angesichts der Erkenntnisse der Naturwissenschaften über die Bedeutung von natürlicher Anlage und Umwelt für das menschliche Bewusstsein sei es wirklichkeitsfremd anzunehmen, die Täter seien sich stets ihrer Schuld bewusst. Zudem setze der klassische Schuldbegriff den freien Willen voraus, der aber – hier folgt Bauer Nietzsche – eine Fiktion sei, mit der die Gesellschaft vor sich selbst ihre primitive Neigung zur Rache rechtfertige. Folglich dürfe der Strafe keine Vergeltungs- oder Abschreckungsfunktion mehr zukommen, sondern sie habe ausschliesslich der Resozialisierung des Täters zu dienen. Formalismus und Vernunft In diesen Aufsätzen klärt Bauer auch seine eigenen Positionen: Hatte er in den früheren Aufsätzen offengelassen, ob auch er an ein Naturrecht glaubt, so heisst es jetzt: «Naturrechtssätze von unbestreitbar, Books<
ZVAB.com BUCHSERVICE / ANTIQUARIAT Lars Lutzer, Wahlstedt, Germany [53994756] [Rating: 5 (von 5)] NOT NEW BOOK. Costi di spedizione: EUR 6.95 Details... |
Die Humanität der Rechtsordnung Ausgewählte Schriften (Wissenschaftliche Reihe des Fritz Bauer Instituts, Band 5) - libri usati
1998, ISBN: 3593358417
440 S. Broschierte Ausgabe Broschiert 1. Aufl.; Gut und sauber erhalten. Biographie, Frankfurter-Auschwitz-Prozess, Aufarbeitung der NS-Verbrechen in der Nachkriegszeit 12, [PU:Frankfurt … Altro …
440 S. Broschierte Ausgabe Broschiert 1. Aufl.; Gut und sauber erhalten. Biographie, Frankfurter-Auschwitz-Prozess, Aufarbeitung der NS-Verbrechen in der Nachkriegszeit 12, [PU:Frankfurt am Main, Campus-Verlag]<
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Die Humanität der Rechtsordnung: Ausgewählte Schriften Wissenschaftliche Reihe des Fritz Bauer Instituts von Fritz Bauer, Joachim Perels und Irmtrud Wojak NS-Verbrechen Menschenrechtskonventionen Widerstandsrecht Liberalisierung des Strafrechts Resozialisierung von Straftätern Obrigkeitsgläubigkeit Fritz Bauers Name ist mit dem großen Frankfurter Auschwitz-Prozeß verbunden, doch steht er auch für die juristische Aufarbeitung der NS-Verbrechen insgesemt. Er war Mitbegründer der Humanistischen Union und der Zeitschrift "Die Neue Gesellschaft"; hier setzte er sich mit der Obrigkeitsgläubigkeit in der jungen Bundesrepublik auseinander. Fritz Bauer war ein Verfechter des Widerstandsrechts, der Liberalisierung des Strafrechts und der Resozialisierung von Straftätern. In diesem Buch sind wichtige Beiträge des streitbaren Juristen gesammelt. Das Recht vom Himmel holen Eine Auswahl aus Fritz Bauers Schriften Unrecht, das von Staates wegen verübt wird, lässt sich nur unter grossen Schwierigkeiten juristisc - edizione con copertina flessibile
2006, ISBN: 9783593358413
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Stuttgart, gedr. bei August Friedrich Macklot, 1811. . Mit Register. - Das "Königlich-Württembergische Staats- und Regierungsblatt" erschien seit 1806 mit amtlichen Verlautbarungen sowoh… Altro …
Stuttgart, gedr. bei August Friedrich Macklot, 1811. . Mit Register. - Das "Königlich-Württembergische Staats- und Regierungsblatt" erschien seit 1806 mit amtlichen Verlautbarungen sowohl von Allerhöchster Stelle wie auch von untergeordneten Ämtern, ab 1824 unter dem Titel "Regierungsblatt für das Königreich Württemberg", 1850 dann als "Staatsanzeiger für Württemberg". - August Friedrich Macklot (1770-1805), Drucker u. Verleger in Stuttgart, Sohn des Johann Michael Macklot (1728-1794), der 1757 in Karlsruhe Druckerei u. Verlag Macklot in Karlsruhe gegründet hatte. Der Stuttgarter "Ableger" war offenbar so erfolgreich, daß er auch nach August Friedrichs frühem Tod unter dessen Namen weiter firmierte. - Kanten beschabt u. bestoßen, stellenw. stockfleckig; im Ganzen gut, Stuttgart, gedr. bei August Friedrich Macklot, 1811., 0, Wien, k. k. Hof- und Staats-Druckerei 1848.. 43 x 27,5 cm. Beidseitig bedruckt. Gefalt. Franz Joseph wurde im Thronsaal der fürstbischöflichen Residenz von Olmütz, wohin der Hof aufgrund des Wiener Oktoberaufstands geflohen war, zum neuen Kaiser proklamiert. In seiner Regierungserklärung umriß der neue Souverän seine Herrschaftsvorstellung mit den Worten: '...Fest entschlossen den Glanz der Krone ungetrübt zu erhalten (...), aber bereit, Unsere Rechte mit den Vertretern Unserer Völker zu teilen, rechnen Wir darauf, dass es mit Gottes Beistand gelingen werde, alle Länder und Stämme der Monarchie zu einem großen Staatskörper zu vereinen...', Wien, k. k. Hof- und Staats-Druckerei 1848., 0, Regenspurg [Regensburg], Emerich Felix Bader 1737.. gr.-8°. 12 Bll., 1119 (st. 1135) S., 31 Bll. Mit 1 gest. Frontisp. u. 2 gest. Kopfvign. Ldr. d. Zt. Mit Rückensch., Exlibris am vord. Innendeckel. Ohne die Ss. 337-352. vgl. VD18 10790012; vgl. Slg. Seemann 298 - Erste nicht bei Gleditsch erschienene Ausgabe. Diese Ausgabe erschien auch ohne Kupfertafeln. Wertvoll ist Hübners Lexikon für jeden, der Urkunden und Bücher des 17. und 18. Jahrhunderts im Original lesen will, weil er viele Namen und Begriffe aus dieser Zeit in keinem Lexikon mehr findet" (Kleine Geschichte großer Lexika, S. 141)., Regenspurg [Regensburg], Emerich Felix Bader 1737., 0, 1797. Wien, Apud Camesina et Soc., 1797, 8°, CXIV, 299, (2) pp., 4 Falttabellen., 1 gefaltete Kupfertafel, Interimsbroschur der Zeit; Titel etwas fleckig ansonsten frisches und unbeschnittenes Exemplar. Das grösste Aufsehen und die hauptsächlichste Propaganda für das Brown'sche System machte aber seine Ratio inst..." und zwar vornehmlich wegen der Vorrede seines Vaters (113 S.). Dieser, augenscheinlich verführt durch übergrosse Liebe zu seinem Sohne, die sich in Lobpreisungen auf denselben offenbahrt, trat in der Vorrede, freilich mit einer gewissen Reserve und Zweideutigkeit im Ausdrucke, zu Gunsten des Brown'schen Systems in die Schranken und erregte dadurch einen großen Jubel unter den Brownianern. Solche Parteinahme kam denn auch dem Inhalt des Buches von J.F. zu Gute und verlieh ihm die Autorität. In dieser Arbeit finden sich aber ebenfalls (wichtige) Abweichungen vom Meister... HirschII/429f. (M.Salomom) Der Brownianismus in Wien - "Zur selben Zeit, als GALL seine neue Lehre privat in seinem eigenen Hause vortrug, vermittelte öffentlich JOHANN PETEE FRANK von seiner Lehrkanzel herab die Grundsätze des BROWNschen Systems einem zahlreichen Auditorium in- und ausländischer Studenten und Ärzte. Auch unter diesen saß der junge CLEMENS VON METTERNICH. Er konnte da hören, daß das Leben nichts anderes sei als ein durch Reize erzwungener und erhaltener Zustand, indem von außen und innen her Reize (Wärme, Luft, Nahrung, Muskelbewegung, Gemütsaffekte usw.) auf eine Kraft des belebten Körpers wirkten, die BROWN Erregbarkeit nannte zum Unterschied von der Erregung, die sich ihm als das Produkt von Erregbarkeit und Reiz darstellte. Gesundheit bestand also nicht mehr, wie man bisher meinte, in der richtigen Mischung der Körpersäfte, sondern war der neuen Lehre nach der mittlere Grad der Erregbarkeit und unterschied sich von der Krankheit nicht etwa durch eine veränderte Qualität dieser Säfte, sondern einzig und allein durch die Quantität der Reizstärke. Denn ein Zuviel oder Zuwenig an Reizen führt zur krankhaften Störung im Sinne einer zu starken oder zu schwachen Erregung, einer Sthenie oder einer Asthenie. So JOHN BROWN. Man sieht: in seinem dynamisch-vitalistischen System spielen die Körpersäfte keine oder nur eine ganz untergeordnete Rolle." Schon dieser Umstand allein mußte die Wiener Schule in ihrem Innersten, im humoralgläubigen Grund ihres Lehrsystems, treffen. Außerdem aber hat man in Wien für dynamisch-vitalistische Lebens- und Krankheitserklärungen nie viel übrig gehabt. Man hatte sich mit dem alten hippokratischen Begriff der Naturheilkraft begnügt, im übrigen aber in der früher charakterisierten positivistischen Haltung - man kann sie auch als eine skeptisch-agnostische bezeichnen - sich an das sinnenmäßig Erfahrbare gehalten, und das waren noch immer die in Stuhl, Harn, Schweiß, Erbrochenem u. a. sieht- und wahrnehmbaren Ausscheidungen des Körpers. Entsprechend dieser phänomenologischen Verfahrensart hatte schon 1775 STÖRCK in seinen Statuten1 als obersten Schulgrundsatz den Professoren auferlegt, dafür zu sorgen, daß die Studenten nicht "durch Hypothesen infiziert würden". Schon HALLERS Lehre von der Irritabilität war vor einem halben Jahrhundert als eine solche Hypothese gewertet und abgelehnt worden. Dabei hatte HALLER seinen Irritabilitätsbegriff noch durchaus empirisch-induktiv begründet, indem er ihn mit der spezifischen Struktur der Muskelfaser verband. Um wie vieles mehr mußte jetzt den Traditionsträgern der Wiener Schule BROWNS Lehre mit ihrem nicht fundierten Erregbarkeitsbegriff, ihrem willkürlich zweigeteilten Krankheitsschematismus (Sthenie, Asthenie) als eine luftige, jedem humoral- pathologischen Denken ins Gesicht schlagende Hypothesenmedizin erscheinen! Und nun sollte sich der neue Wiener Klinikchef zu dieser Hypothesenmedizin bekennen? In der Vorrede zum Buche seines Sohnes JOSEPH, eines begeisterten Brownianers, über die Heilart an der klinischen Lehranstalt zu Pavia hat JOHANN PETER FRANK 1797 zu diesem Vorwurf öffentlich Stellung genommen. Er, der vielerfahrene, souverän und tolerant die Lehren seiner Zeit überschauende Arzt, hat in dieser Kritik des BROWNschen Systems das Hypothetische, gewaltsam Simplifizierende ebenso tadelnd angemerkt wie den fühlbaren Mangel seines Schöpfers an ärztlicher Erfahrung. Aber er hatte auch das Gute an dieser neuen Lehre gelten lassen. Ja, noch mehr: Er bekannte sich zu diesem Guten als einem längst selbst erkannten Eigenem. Dieses aber hieß: vitalistische Medizin auf solidarpathologischer Grundlage und weitgehende Ablehnung der in Aderlässen, Brech- und Abführmethoden entarteten Humoralpathologie seiner Zeit. Da aber diese noch immer und durch den Hippokratismus STOLLS erneut ihr stärkstes Bollwerk in der Wiener Schule besaß, so stellt das Programm des neuen Klinikchefs geradezu eine Kampfansage gegen die alten Traditionen der Schule dar. Tatsächlich wurde auch sein therapeutischer Teil von den STOLL-Schülern als zentraler Angriff gegen ihre humoraltherapeutischen Maximen gewertet. Denn vielfach glaubten sie in einer rein mechanischen Befolgung der Lehren STOLLS vom Gastricismus und den verborgenen Entzündungen, daß "keines dieser Übel, kein sogenanntes Gall- oder Schleimfieber, kein Wechselfieber, ... geheilt werden (könne), wenn nicht durch Brech- und Purgirmittel der als Ursache vorausgesetzte Schmutz im Bauche, die gallartige oder schleimige .. . Saburra nach oben oder unten oder auch auf beyden Wegen zugleich ausgeleert wird". Gegen diese Auswüchse des STOLLschen Gastricismus hatte FRANK bereits 1784 in seiner Göttinger Antrittsrede "De larvis morborum biliosis" Stellung genommen und die sogenannte ausleerende oder schwächende Methode energisch zugunsten der stärkenden eingeschränkt. So brauchte er jetzt 1797 nur mehr festzustellen, daß er sich mit diesen seinen Bemühungen weitgehend mit der von BROWN gegen die asthenischen Krankheiten empfohlenen stärkenden oder reizenden Methode begegne, um den Konflikt zwischen BROWNscher Solidarpathologie und traditioneller Wiener Humoralpathologie auf dem so wichtigen therapeutischen Sektor in voller Breite aufzureißen. An Stelle der eingefahrenen Purgantien, Laxantien, Expektorantien beherrschten jetzt die sogenannten "reizenden" Medikamente Opium, China-Rinde, Kampfer, Wein usw. die Therapie der Wiener Klinik. Man kann sich denken, daß sich in der Hand des erfahrenen und geschickt individualisierenden Klinikers die alten, längst bekannten Therapeutica auch in ihrer BROWNschen Färbung bewährten. FRANK hat tatsächlich in seiner Wiener Klinik ausgezeichnete Heilerfolge mit ihnen erzielt. Dies kann man aus den zahlreichen Publikationen von Krankengeschichten seiner Wiener Schüler ersehen, die einmal eine ausführlichere Untersuchung verdienten. Selbst offene Gegner des Brownianismus wie FRANKS Schüler PH. C. HARTMANN (Analyse der neuen Heillehre. Vorrede) erkannten dies vorbehaltlos an. So griff denn die BROWNsche Bewegung gerade wegen der glücklichen therapeutischen Konsequenzen, die FRANK aus ihr gezogen hatte, in Wien immer mehr um sich. Nicht nur die alten Erz-Brownianer aus Pavia gehörten ihr an: FRANKS Sohn JOSEPH, der als Primarius im Allgemeinen Krankenhaus mit zahlreichen Publikationen zur Verbreitung des Brownianismus in Deutschland wesentlich beitrug, sowie dessen Assistent JOHANN MALFATTI und JOHANN PETER FRANKS Assistent THOMAS CAPPELLINI; bereits fielen auch prominente Schüler STOLLS, die bisher an seine Lehren wie an ein Orakel geglaubt hatten, von ihm ab und bekannten sich offen zum Brownianismus, wie der Landschaftsprotomedicus CARL WERNER und der eben zum Primarius im Allgemeinen Krankenhaus ernannte MATTHIAS VON SALLABA. Im Jahre 1800 war die BROWNsche Bewegung in Wien bereits so erstarkt, daß sich unter der Führung JOSEPH FRANKS die genannten Spitalärzte mit anderen Stadtärzten zu einer Gesellschaft der Ärzte11 im Hause JOHANN MALFATTIS organisieren und sich mit einem jährlich erscheinenden Gesundheitstaschenbuch an das breite Wiener Publikum wenden konnten. Hand in Hand mit dieser Eroberung des Zivils ging jene des Militärs. Die zweite große ärztliche Ausbildungsstätte Wiens, die medizinisch-chirurgische Josephs-Akademie, war mit dem Großteil ihrer Professoren, darunter dem tüchtigen Okulisten JOHANN ADAM SCHMIDT und dem angesehenen Chirurgen GERHARD VON VERING, eine Hochburg des Brownianismus geworden. Besonderes Aufsehen hatte ein ursprünglich nicht zur Veröffentlichung bestimmtes Regulativ zur besseren Heilart der Krankheiten nach vorwiegend Brownschen Grundsätzen erregt. Durch dieses, so behaupteten wenigstens dessen deutsche Kritiker, habe der Kaiser im italienischen Feldzug mehr Soldaten verloren als durch den Feind selbst. Um 1800 hat sich aber bereits auch die Reaktion gegen den Brownianismus in Wien konsolidiert. Was allerdings von ihr an Gegenschriften an die Öffentlichkeit trat, bezeugt mit einer Ausnahme - es ist dies PH. C. HARTMANNS Kritik - nur die Tatsache, daß die Wiener Schule ihre besten Köpfe bereits an den von FRANK beschützten Brownianismus verloren hatte. Weitaus wirkungsvoller als dieses allzu mittelmäßige antibrownianischem Schrifttum waren aber die zielbewußten und keine Mittel scheuenden Angriffe, die der einflußreichste Träger der STOLL-Tradition, der kaiserliche Leibarzt STIFFT, unmittelbar gegen den Schirmherrn des Brownianismus, gegen JOHANN PETER FRANK selbst, richtete: unter seinem Direktorat sei im Allgemeinen Krankenhaus durch die BROWNsche Heilmethode die Sterblichkeitsziffer um ein Beträchtliches gestiegen, unter den reichlichen "stärkenden" Weingaben lägen dort die Patienten besoffen dahin oder stürben gar im Kausche. Zwar wurden diese Anwürfe durch JOSEPH FRANK bzw. THOMAS CAPPELLINI an Hand der statistischen Unterlagen widerlegt; aber was half dies in einem Klima, das sich geistig und politisch seit 1795 völlig verändert hatte, das in GALL nur mehr den gefährlichen Materialisten sehen konnte und den Brownianismus geradezu zum medizinischen Jakobinertum stempelte. "Führten die Jacobiner nicht die nämliche Sprache von den französischen Thronumwälzern" wie die neuerungssüchtigen Anhänger des medizinischen Revolutionärs BROWN? In dieser Frage eines antibrownianischen Skribenten wird offenbar - und das ist für das Verständnis des medizinischen Restaurationsprogramms STIFFTS bedeutungsvoll -, in welchem Maße bereits die ursprünglich rein medizinische Auseinandersetzung ,Hie Brownianer: hie Stollianer' mit hochpolitischen Akzenten belastet war, indem man den unter der Ära FRANK sich in Wien vollziehenden Umbruch medizinischen Denkens als eine für diesen Bereich ebenso gefährliche Revolution hinstellte wie es die französische im politischen Bereiche war. Und ebenso wie man den politischen Jakobinismus mit allen Mitteln vom eigenen Lande fernzuhalten versuchte, so mußte aus ihm jetzt auch der medizinische Jakobinismus vertrieben werden, der sich nun einmal mit den Namen der beiden FRANK verband. 1804 haben sie aus dieser Lage die Konsequenzen gezogen und Wien verlassen, sie, die nicht Fortsetzer und Erben, sondern nur Fremdkörper in der humoralpathologischen Tradition der Wiener Schule gewesen sind. Und doch hat der Brownianismus in Wien Spuren in mannigfacher Richtung hinterlassen: Einmal erfuhr die Humoralpathologie STOLLscher Prägung in der kritischen Auseinandersetzung mit ihm eine tiefe Umformung und Abwertung ihres therapeutischen Optimismus: sie wurde zur rationellen Empirie eines VALENTIN VON HILDENBRAND mit ihrem therapeutischen Skeptizismus, der etwas heraufführte, was für die zweite Wiener Schule signifikant wurde: ihre fast im Nihilismus endende exspektative Therapie. Zum andern hat das brownianische Intermezzo den an sich spekulationsfeindlichen Wiener Boden für die Lehren der naturphilosophischen Medizin aufgelockert. Es ist kein Zufall, daß zwei FRANK-Schüler, PHILIPP CARL HARTMANN und JOHANN MALFATTI, in der Folge die prominenten Wiener Vertreter der romantischen Medizin geworden sind. Die erstaunlichste und weitest tragende Wirkung, die der Brownianismus in Österreich hinterlassen hat, ist aber wohl diese: daß sein medizinisches Jakobinertum in dem System des glühendsten Antijakobiners der Zeit, des führenden und die Epoche bestimmenden Staatsmannes CLEMENS VON METTERNICH, ungebrochen weiterlebte. Denn als gelehriger Schüler JOHANN PETER FRANKS hat er seine Auffassung vom Gleichgewicht im Staate an der BROWNschen These vom Gleichgewicht zwischen Erregbarkeit und Reiz so gründlich orientiert, daß er diese medizinische Hypothese seinem politischen System zugrunde legte." Erna Lesky, Die Wiener medizinische Schule im 19.Jhdt., pp.23-28 siehe - F. AICHER, Der Einfluß der Brown- sehen Lehre auf die Therapie. Untersucht an den von Frank im Krankenhaus zu Pavia behandelten Kranken. Med. Diss. München 1933., 1797, 0, UVK Verlagsgesellschaft mbH Univers.-Vlg Konstanz Universitätsverlag Konstanz, 1999. 1999. Softcover. Die Wortführer des »Prager Frühlings« wollten 1968 einen Sozialismus mit menschlichem Antlitz verwirklichen - ihr Traum zerstob unter den Panzerketten der Warschauer Paktstaaten. Den Sozialisten des 19. Jahrhunderts wäre eine solche Forderung absurd vorgekommen, war für sie doch Sozialismus identisch mit Humanismus und Demokratie. Ihr Gegenüber war ein brutaler Kapitalismus und ein Staat, der ihn mehr schützte als in seinen Auswüchsen kontrollierte. Diesem Kapitalismus mußten die sozialistischen Parteien und Gewerkschaften zuerst einmal menschliche Züge verleihen, wozu auch gehörte, dem Staat Reformen auf vielerlei Gebieten abzuringen. In einem nächsten Schritt wollten sie daran gehen, die bestehende Wirtschaftsform und den bestehenden Staat im Namen einer besseren, einer Zukunftsgesellschaft zu überwinden - sei es auf dem Weg der Revolution oder der Reform. Dieses Projekt ist bekanntlich gescheitert. Als nach dem Zusammenbruch des real existierenden Sozialismus der Sieg des Kapitalismus über den Sozialismus oder Kommunismus verkündet wurde, vergaß man meist, daß der Kapitalismus, der da gesiegt hatte, mit dem ursprünglichen Kapitalismus des beginnenden 19. Jahrhunderts kaum noch etwas gemein hatte. Daß er sich zumindest in den westlichen Industrienationen in einem beinahe zweihundertjährigen Prozeß permanent transformiert und dadurch überlebensfähig erwiesen hatte, war, hegelianisch gesprochen, einer List der Vernunft zu verdanken. Sie realisierte sich historisch in der Arbeiterbewegung, deren politische und gewerkschaftliche Kämpfe, deren ständiger Druck, deren Demokratisierungs- und Reformpotentiale den ursprünglichen Manchester- oder Raubkapitalismus in eine heute von einem breiten demokratischen Konsens getragenen Wirtschaftsform entscheidend mitgestaltet haben. Darin bestand der säkulare Erfolg der Arbeiterbewegung. Von diesen Kämpfen im Spannungsfeld von Emanzipation und Integration erzählen die hier veröffentlichten Texte. Das Buch gliedert sich in zwei TeileDer erste versammelt - abgesehen von einer Ausnahme - Aufsätze aus den Jahren 1978 bis 1986, die bisher in deutscher Sprache nicht vorliegen. Ihre Themen reichen von der Sonderwegsdiskussion bis zur Geschichte von Arbeiterkämpfen im Wilhelminischen Reich. Der zweite Teil enthält eine eher politikzentrierte Geschichte der Sozialdemokratie vom Ende der 1890er Jahre bis 1909. Diese ergänzt sachlich und chronologisch die Arbeiten des Verfassers, die 1973 unter dem Titel »Negative Integration und revolutionärer Attentismus« und 1992 zusammen mit Peter Brandt unter dem Titel »Vaterlandslose Gesellen. Sozialdemokratie und Nation« erschienen sind. Die Wortführer des »Prager Frühlings« wollten 1968 einen Sozialismus mit menschlichem Antlitz verwirklichen - ihr Traum zerstob unter den Panzerketten der Warschauer Paktstaaten. Den Sozialisten des 19. Jahrhunderts wäre eine solche Forderung absurd vorgekommen, war für sie doch Sozialismus identisch mit Humanismus und Demokratie. Ihr Gegenüber war ein brutaler Kapitalismus und ein Staat, der ihn mehr schützte als in seinen Auswüchsen kontrollierte. Diesem Kapitalismus mußten die sozialistischen Parteien und Gewerkschaften zuerst einmal menschliche Züge verleihen, wozu auch gehörte, dem Staat Reformen auf vielerlei Gebieten abzuringen. In einem nächsten Schritt wollten sie daran gehen, die bestehende Wirtschaftsform und den bestehenden Staat im Namen einer besseren, einer Zukunftsgesellschaft zu überwinden - sei es auf dem Weg der Revolution oder der Reform. Dieses Projekt ist bekanntlich gescheitert. Als nach dem Zusammenbruch des real existierenden Sozialismus der Sieg des Kapitalismus über den Sozialismus oder Kommunismus verkündet wurde, vergaß man meist, daß der Kapitalismus, der da gesiegt hatte, mit dem ursprünglichen Kapitalismus des beginnenden 19. Jahrhunderts kaum noch etwas gemein hatte. Daß er sich zumindest in den westlichen Industrienationen in einem beinahe zweihundertjährigen Prozeß permanent transformiert und dadurch überlebensfähig erwiesen hatte, war, hegelianisch gesprochen, einer List der Vernunft zu verdanken. Sie realisierte sich historisch in der Arbeiterbewegung, deren politische und gewerkschaftliche Kämpfe, deren ständiger Druck, deren Demokratisierungs- und Reformpotentiale den ursprünglichen Manchester- oder Raubkapitalismus in eine heute von einem breiten demokratischen Konsens getragenen Wirtschaftsform entscheidend mitgestaltet haben. Darin bestand der säkulare Erfolg der Arbeiterbewegung. Von diesen Kämpfen im Spannungsfeld von Emanzipation und Integration erzählen die hier veröffentlichten Texte. Das Buch gliedert sich in zwei TeileDer erste versammelt - abgesehen von einer Ausnahme - Aufsätze aus den Jahren 1978 bis 1986, die bisher in deutscher Sprache nicht vorliegen. Ihre Themen reichen von der Sonderwegsdiskussion bis zur Geschichte von Arbeiterkämpfen im Wilhelminischen Reich. Der zweite Teil enthält eine eher politikzentrierte Geschichte der Sozialdemokratie vom Ende der 1890er Jahre bis 1909. Diese ergänzt sachlich und chronologisch die Arbeiten des Verfassers, die 1973 unter dem Titel »Negative Integration und revolutionärer Attentismus« und 1992 zusammen mit Peter Brandt unter dem Titel »Vaterlandslose Gesellen. Sozialdemokratie und Nation« erschienen sind., UVK Verlagsgesellschaft mbH Univers.-Vlg Konstanz Universitätsverlag Konstanz, 1999, 0, Frankfurt u. Leipzig (1. Aufl.: Ulm?) 1770-1772.. (4 Tle. in 1. Bd) 4°. Titelbl., 5 nn. Bll. (Vorrede zur zweiten u. ersten Aufl.), 188 S., Titelbl., 226 S., Titelbl., 182 S., 1 nn. Bl., (Vorrede), 232 S., 6 nn. Bll. (Register), mit Titelblattvignetten, Kopfstücken, Initialen, Schlußvignetten u. Kopfleisten. Imitierter Halbpergamentband, Buchschnitt rotgefärbt, etwas berieben, Stehkanten geringfügig schadhaft, Vorsatz in späterer Zeit neu eingeklebt, Unterkante des vorderen fliegenden Vorsatzblattes beschnitten. Buchblock gut erhalten, wenig braunfleckig. Mit e. Ex-Libris am vorderen Innendeckel (Dr. Felix Batsy) u. alten Bleistiftanmerkungen am vorderen fliegenden Vorsatzblatt verso. ADB 18,100. Vgl. Holzm.-B. 2,210,7027. GV 20,133 u. 85,293. Brandl 2,143 - J. F. Le-Bret (1732-1807), evangelischer Theologe u. Historiker, gilt als der Begründer des modernen Geschichtsstudiums in Württemberg, "Er veröffentlichte eine Reihe von Schriften, welche z.T. wertvolle Sammelwerke bilden und namentlich darauf gerichtet sind, das System der römischen Kurie bekannt zu machen. Besondere Erwähnung verdienen (die) Pragmatische Geschichte etc." Le Bret wendet sich in vorl. Schrift, lt. Brandl e. "Verbreitetes antiröm. W(erk)", gegen die "Bulla in Coena Domini" oder Abendmahlsbulle, e. Sammlung von Exkommunikationssentenzen, die durch viele Jahrhunderte von den Päpsten alljährlich am Gründonnerstag mit einer Aufzählung der Namen der von der Kirche gebannten und vom Abendmahl ausgeschlossenen Häretiker und Schismatiker öffentlich verlesen wurde. Als ein Mittel der Kirchenpolitik rief sie zunehmend den Widerstand weltlicher Fürsten hervor. 1770 wurde diese Praxis eingestellt und 1869 ganz aufgehoben. Aus dem Besitz des Dr. Felix Batsy dessen Nachlaß kulturgeschichtlicher Werke großteils in der Wiener Stadt- u. Landesbibliothek aufbewahrt wird., Frankfurt u. Leipzig (1. Aufl.: Ulm?) 1770-1772., 0, Diederichs, 2006. 2006. Hardcover. 220 x 140 mm. Durch ihren spektakulären Wahlsieg im Januar 2006 ist die Hamas über Palästina hinaus zu einem der wichtigsten Machtfaktoren im Nahen und Mittleren Osten geworden. Das Buch der Nahostexpertin Helga Baumgarten gibt erstmals Einblick in Geschichte, Struktur und politisches Programm der Organisation. Die Hamas entstand im Dezember 1987 zu Beginn der palästinensischen Intifada und trat von Beginn an in bewussten Gegensatz zur PLOSie lehnte das Existenzrecht Israels ab, verweigerte eine friedliche Koexistenz mit dem jüdischen Staat und vertritt bis heute offizielle das Recht auf den bewaffneten Widerstand Helga Baumgarten zeigt, was die Wahl der Hamas für den Nahen und Mittleren Osten, aber auch für Europa und die westliche Welt bedeutet. Auszüge aus der Hamas-Charta sowie das komplette Hamas Wahlprogramm finden sich im Anhang des Buches erstmals in deutscher Übersetzung. Autor: Helga Baumgarten ist promovierte Politologin und Historikerin. Sie lehrt als DAAD-Gastprofessorin Politikwissenschaften an der Universität Birzeit (Palästina). Die ausgebildete Journalistin beschäftigt sich seit über 20 Jahren als Expertin mit der Geschichte der palästinensischen Befreiungsbewegung. Durch ihre Publikationen hat sie sich international einen Namen gemacht. Sie lebt in Jerusalem. Zusatzinfo mit Fotos Sprache: deutsch Maße 220 x 140 mm Einbandart gebunden Sachbuch Ratgeber Geschichte Politiker Geopolitik Gesellschaft HAMAS Sachbücher Politik Wirtschaft Sachbücher Außenpolitik Friedenspolitik Palästina Zeitgeschichte Palästinenser ISBN-10 3-7205-2820-0 / 3720528200 ISBN-13 978-3-7205-2820-7 / 9783720528207 Hamas: Der politische Islam in Palästina [Gebundene Ausgabe] Nahost Krise Gaza Israel Nahen Osten Palästina Mittlere Osten Intifada Juden Helga Baumgarten (Autor) Nahost Krise Gaza Israel Nahen Osten Palästina Mittlere Osten Intifada Juden Geopolitik Gesellschaft HAMAS Politik Wirtschaft Außenpolitik Friedenspolitik Palestine Zeitgeschichte Palästinenser Hamas: Der politische Islam in Palästina friedliche Koexistenz jüdischer Staat Widerstand Hamas-Charta Politologie Historiker Politikwissenschaften Universität Birzeit palästinensische Befreiungsbewegung Jerusalem Geschichte Politiker Helga Baumgarten (Autor) ISBN-10 3-7205-2820-0 / 3720528200 ISBN-13 978-3-7205-2820-7 / 9783720528207 Hamas: Der politische Islam in Palästina [Gebundene Ausgabe] Nahost Krise Gaza Israel Nahen Osten Palästina Mittlere Osten Intifada Juden Helga Baumgarten (Autor) Durch ihren spektakulären Wahlsieg im Januar 2006 ist die Hamas über Palästina hinaus zu einem der wichtigsten Machtfaktoren im Nahen und Mittleren Osten geworden. Das Buch der Nahostexpertin Helga Baumgarten gibt erstmals Einblick in Geschichte, Struktur und politisches Programm der Organisation. Die Hamas entstand im Dezember 1987 zu Beginn der palästinensischen Intifada und trat von Beginn an in bewussten Gegensatz zur PLOSie lehnte das Existenzrecht Israels ab, verweigerte eine friedliche Koexistenz mit dem jüdischen Staat und vertritt bis heute offizielle das Recht auf den bewaffneten Widerstand Helga Baumgarten zeigt, was die Wahl der Hamas für den Nahen und Mittleren Osten, aber auch für Europa und die westliche Welt bedeutet. Auszüge aus der Hamas-Charta sowie das komplette Hamas Wahlprogramm finden sich im Anhang des Buches erstmals in deutscher Übersetzung. Autor: Helga Baumgarten ist promovierte Politologin und Historikerin. Sie lehrt als DAAD-Gastprofessorin Politikwissenschaften an der Universität Birzeit (Palästina). Die ausgebildete Journalistin beschäftigt sich seit über 20 Jahren als Expertin mit der Geschichte der palästinensischen Befreiungsbewegung. Durch ihre Publikationen hat sie sich international einen Namen gemacht. Sie lebt in Jerusalem. Zusatzinfo mit Fotos Sprache: deutsch Maße 220 x 140 mm Einbandart gebunden Sachbuch Ratgeber Geschichte Politiker, Diederichs, 2006, 0, Campus Verlag, 1998. 1998. Softcover. 20,8 x 14,8 x 2,8 cm. Fritz Bauers Name ist mit dem großen Frankfurter Auschwitz-Prozeß verbunden, doch steht er auch für die juristische Aufarbeitung der NS-Verbrechen insgesemt. Er war Mitbegründer der Humanistischen Union und der Zeitschrift "Die Neue Gesellschaft"; hier setzte er sich mit der Obrigkeitsgläubigkeit in der jungen Bundesrepublik auseinander. Fritz Bauer war ein Verfechter des Widerstandsrechts, der Liberalisierung des Strafrechts und der Resozialisierung von Straftätern. In diesem Buch sind wichtige Beiträge des streitbaren Juristen gesammelt. Das Recht vom Himmel holen Eine Auswahl aus Fritz Bauers Schriften Unrecht, das von Staates wegen verübt wird, lässt sich nur unter grossen Schwierigkeiten juristisch ahnden. Kann man nicht auf allgemein anerkannte Menschenrechtskonventionen zurückgreifen, dann stellt sich nämlich die Frage, nach welchem Recht die Täter zur Rechenschaft gezogen werden sollen. Ist ein Rückgriff auf ein übergesetzliches Naturrecht mit dem Gedanken der Rechtssicherheit vereinbar? Darf man davon ausgehen, dass die Täter sich eines Unrechts bewusst sind, wenn sie menschenverachtende Normen anwenden? Mit diesen und anderen Fragen hatte sich die bundesdeutsche Justiz mehrmals auseinanderzusetzen, zunächst bei der Beurteilung von NS-Straftaten, jüngst wieder bei der Verurteilung von DDR-Staatsunrecht. Ahndung von Nazi-Verbrechen Einen wesentlichen Beitrag zur Klärung dieser Fragen stellt die unter dem Titel «Die Humanität der Rechtsordnung» veröffentlichte Auswahl aus den Schriften Fritz Bauers (1903–1968) dar, der als hessischer Generalstaatsanwalt so bedeutende Verfahren wie den Frankfurter Auschwitz-Prozess initiierte. Bauer war 1933 für mehrere Monate in ein Konzentrationslager verschleppt worden. 1936 musste er nach Dänemark emigrieren, von wo aus er sich 1943 vor der verstärkt einsetzenden Judenverfolgung nach Schweden retten konnte. 1949 kehrte er nach Deutschland zurück. Hier machte er sich rasch einen Namen als Spezialist für die Strafverfolgung von Nazi-Verbrechern. In einem ersten aufsehenerregenden Prozess erreichte Bauer, dass die Widerstandskämpfer des 20. Juli – Stauffenberg war ein Mitschüler Bauers gewesen – nicht ungestraft als «Landesverräter» bezeichnet werden durften. Massgeblichen Anteil hatte Bauer an dem Ende 1959 eingeleiteten Verfahren gegen die Organisatoren der «Euthanasie» – seine Beiträge zu diesem Thema sind schon 1996 erschienen. Anfang der sechziger Jahre schliesslich brachte Bauer, inzwischen hessischer Generalstaatsanwalt, einen zwei Jahre dauernden Prozess gegen die Lagerverwaltung von Auschwitz in Gang. Wie aus seinen Texten deutlich wird, hatte Bauer mit grossen Schwierigkeiten bei der Einleitung von Strafverfahren zu kämpfen. Nach dem Beginn des kalten Krieges hatte sich nämlich die Auffassung durchgesetzt, mit den Anstrengungen zur Verfolgung nationalsozialistischen Unrechts zwischen 1945 und 1950 könne es sein Bewenden haben. Immerhin wurde 1958 nach einer Phase der Untätigkeit die zentrale Stelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen in Ludwigsburg errichtet und damit die Strafverfolgung systematisiert. Bauers Verdienste um die Wiederbelebung der Prozesse gegen Massenmörder können nicht hoch genug eingeschätzt werden. Gesetz und Gerechtigkeit In seinen Beiträgen zu Fragen der NS-Verbrechen folgt Bauer zunächst dem Strafrechtler und Justizminister in der Weimarer Republik, Gustav Radbruch, der schon auf den Studenten Bauer einen starken Eindruck gemacht hatte. Mit Radbruchs Namen verbindet sich die These, ein Gesetz, welches in unerträglicher Weise gegen die Gerechtigkeit verstösst, entbehre der Rechtsnatur; die Prinzipien der Gerechtigkeit selbst existierten nicht in Gesetzesform, sondern seien Teil eines übergesetzlichen Naturrechts. Diese «Radbruch-Formel» hat sich auch die höchste deutsche Rechtsprechung nach dem Krieg zu eigen gemacht. Radbruch und der Rechtsprechung wirft Bauer vor, auf halbem Weg stehengeblieben zu sein: Wer die Existenz eines Naturrechts bejahe, müsse konsequenterweise den Schluss ziehen, dass sich Menschen bei Verstössen gegen Naturrecht auch eines Unrechts bewusst seien. Ein Richter, der naturrechtswidrige NS-Normen anwandte, hätte also, folgt man Bauer, Recht vorsätzlich gebeugt. Die Obergerichte sind dieser These Bauers allerdings nicht gefolgt, sondern haben jedenfalls den Richtern ein sogenanntes «Richterprivileg» zugestanden. Ihrem scheinbar akademischen Charakter zum Trotz ist Bauers These heute für die juristische Bewältigung des DDR-Unrechts von neuem aktuell. So hat etwa 1998 das Bundesverfassungsgericht – ganz im Sinne Bauers – die Verurteilung einer Richterin wegen Rechtsbeugung bestätigt, die unverhältnismässig hohe Haftstrafen ausgesprochen hatte. Abkehr von der Rache Bauer hat sich der Frage nach dem Unrechtsbewusstsein auch in einem anderen Kontext genähert, nämlich dem der Strafrechtsreform, die unter Adenauer begonnen und von der sozialliberalen Koalition nach Bauers Tod fortgesetzt wurde. Konsequent argumentierte er gegen die Auffassung, mit der Strafe werde primär die Schuld der Täter gesühnt, eine Auffassung, die sich bis heute, wenn auch in stark modifizierter Form, gehalten hat. Angesichts der Erkenntnisse der Naturwissenschaften über die Bedeutung von natürlicher Anlage und Umwelt für das menschliche Bewusstsein sei es wirklichkeitsfremd anzunehmen, die Täter seien sich stets ihrer Schuld bewusst. Zudem setze der klassische Schuldbegriff den freien Willen voraus, der aber – hier folgt Bauer Nietzsche – eine Fiktion sei, mit der die Gesellschaft vor sich selbst ihre primitive Neigung zur Rache rechtfertige. Folglich dürfe der Strafe keine Vergeltungs- oder Abschreckungsfunktion mehr zukommen, sondern sie habe ausschliesslich der Resozialisierung des Täters zu dienen. Formalismus und Vernunft In diesen Aufsätzen klärt Bauer auch seine eigenen Positionen: Hatte er in den früheren Aufsätzen offengelassen, ob auch er an ein Naturrecht glaubt, so heisst es jetzt: «Naturrechtssätze von unbestreitbarer Evidenz sind nicht nachweisbar.» Die Frage nach dem besten Recht, so können wir Bauer verstehen, lässt sich nur im öffentlichen Gespräch beantworten. Dies ist auch die herrschende Meinung unter zeitgenössischen Rechtsphilosophen. Die meisten Beiträge Bauers sind juristischen Themen gewidmet. Doch steht für ihn ausser Zweifel, dass mit rein juristischen Methoden die Lektionen aus der Vergangenheit nicht gezogen werden könnten. Bauer setzt auf die junge, unbelastete Generation, die mit der in seinen Augen traditionellen, formalistischen Rechtsauffassung in Deutschland brechen könne. In diesem Formalismus, der die Gesetzesbefolgung um des Gesetzes willen verlange, sieht er eine der Wurzeln der nationalsozialistischen Exzesse im besonderen und von Völkermorden im allgemeinen. Als geistige Väter dieser buchstabengläubigen Einstellung zum Gesetz betrachtet Bauer vor allem Hegel und Kant. Zwar glaubte sich, wie Hannah Arendt berichtet, sogar Eichmann im Einverständnis mit Kant, an dessen kategorischem Imperativ er sich stets orientiert haben wollte; aber Arendt bemerkt zu Recht, für Kant seien die Bürger bei ihren Handlungen dazu verpflichtet, ihre eigene praktische Vernunft zu gebrauchen und selbst die Probe auf die Vernünftigkeit einer Norm zu machen. Dies verträgt sich schlecht mit blindem Gesetzesgehorsam. Insofern lässt sich über Bauers historische Ableitung streiten. Bei der Lektüre drängt sich der Eindruck auf, gelegentliche Kürzungen würden den Zugang zu den Texten erleichtern. Ausführliche Angaben zu den Personen und Ereignissen lägen ebenfalls im Interesse des Lesers. Aber wer sich für die Justizgeschichte der Bundesrepublik und ihre Vergangenheitspolitik interessiert, wird sich von diesen Mängeln nicht abschrecken lassen und Bauers Aufsätze mit Gewinn lesen. Diese Vergangenheitspolitik selbst ist ja noch nicht Vergangenheit: 1998 wurden etwa per Gesetz NS-Urteile annulliert und die Todesurteile gegen Bonhoeffer und andere Widerstandskämpfer aufgehoben. Dank der Aktualität der meisten anderen Themen sind die Beiträge für den rechtsphilosophisch interessierten Leser nicht minder lesenswert. Wie der Fall Pinochet zeigt, werden die Menschenrechte endlich auch auf internationaler Ebene vom Himmel geholt und angewendet. Ulrich Ernst -- Neue Zürcher Zeitung Die Humanität der Rechtsordnung: Ausgewählte Schriften Wissenschaftliche Reihe des Fritz Bauer Instituts von Fritz Bauer, Joachim Perels und Irmtrud Woja Fritz Bauers Name ist mit dem großen Frankfurter Auschwitz-Prozeß verbunden, doch steht er auch für die juristische Aufarbeitung der NS-Verbrechen insgesemt. Er war Mitbegründer der Humanistischen Union und der Zeitschrift "Die Neue Gesellschaft"; hier setzte er sich mit der Obrigkeitsgläubigkeit in der jungen Bundesrepublik auseinander. Fritz Bauer war ein Verfechter des Widerstandsrechts, der Liberalisierung des Strafrechts und der Resozialisierung von Straftätern. In diesem Buch sind wichtige Beiträge des streitbaren Juristen gesammelt. Das Recht vom Himmel holen Eine Auswahl aus Fritz Bauers Schriften Unrecht, das von Staates wegen verübt wird, lässt sich nur unter grossen Schwierigkeiten juristisch ahnden. Kann man nicht auf allgemein anerkannte Menschenrechtskonventionen zurückgreifen, dann stellt sich nämlich die Frage, nach welchem Recht die Täter zur Rechenschaft gezogen werden sollen. Ist ein Rückgriff auf ein übergesetzliches Naturrecht mit dem Gedanken der Rechtssicherheit vereinbar? Darf man davon ausgehen, dass die Täter sich eines Unrechts bewusst sind, wenn sie menschenverachtende Normen anwenden? Mit diesen und anderen Fragen hatte sich die bundesdeutsche Justiz mehrmals auseinanderzusetzen, zunächst bei der Beurteilung von NS-Straftaten, jüngst wieder bei der Verurteilung von DDR-Staatsunrecht. Ahndung von Nazi-Verbrechen Einen wesentlichen Beitrag zur Klärung dieser Fragen stellt die unter dem Titel «Die Humanität der Rechtsordnung» veröffentlichte Auswahl aus den Schriften Fritz Bauers (1903–1968) dar, der als hessischer Generalstaatsanwalt so bedeutende Verfahren wie den Frankfurter Auschwitz-Prozess initiierte. Bauer war 1933 für mehrere Monate in ein Konzentrationslager verschleppt worden. 1936 musste er nach Dänemark emigrieren, von wo aus er sich 1943 vor der verstärkt einsetzenden Judenverfolgung nach Schweden retten konnte. 1949 kehrte er nach Deutschland zurück. Hier machte er sich rasch einen Namen als Spezialist für die Strafverfolgung von Nazi-Verbrechern. In einem ersten aufsehenerregenden Prozess erreichte Bauer, dass die Widerstandskämpfer des 20. Juli – Stauffenberg war ein Mitschüler Bauers gewesen – nicht ungestraft als «Landesverräter» bezeichnet werden durften. Massgeblichen Anteil hatte Bauer an dem Ende 1959 eingeleiteten Verfahren gegen die Organisatoren der «Euthanasie» – seine Beiträge zu diesem Thema sind schon 1996 erschienen. Anfang der sechziger Jahre schliesslich brachte Bauer, inzwischen hessischer Generalstaatsanwalt, einen zwei Jahre dauernden Prozess gegen die Lagerverwaltung von Auschwitz in Gang. Wie aus seinen Texten deutlich wird, hatte Bauer mit grossen Schwierigkeiten bei der Einleitung von Strafverfahren zu kämpfen. Nach dem Beginn des kalten Krieges hatte sich nämlich die Auffassung durchgesetzt, mit den Anstrengungen zur Verfolgung nationalsozialistischen Unrechts zwischen 1945 und 1950 könne es sein Bewenden haben. Immerhin wurde 1958 nach einer Phase der Untätigkeit die zentrale Stelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen in Ludwigsburg errichtet und damit die Strafverfolgung systematisiert. Bauers Verdienste um die Wiederbelebung der Prozesse gegen Massenmörder können nicht hoch genug eingeschätzt werden. Gesetz und Gerechtigkeit In seinen Beiträgen zu Fragen der NS-Verbrechen folgt Bauer zunächst dem Strafrechtler und Justizminister in der Weimarer Republik, Gustav Radbruch, der schon auf den Studenten Bauer einen starken Eindruck gemacht hatte. Mit Radbruchs Namen verbindet sich die These, ein Gesetz, welches in unerträglicher Weise gegen die Gerechtigkeit verstösst, entbehre der Rechtsnatur; die Prinzipien der Gerechtigkeit selbst existierten nicht in Gesetzesform, sondern seien Teil eines übergesetzlichen Naturrechts. Diese «Radbruch-Formel» hat sich auch die höchste deutsche Rechtsprechung nach dem Krieg zu eigen gemacht. Radbruch und der Rechtsprechung wirft Bauer vor, auf halbem Weg stehengeblieben zu sein: Wer die Existenz eines Naturrechts bejahe, müsse konsequenterweise den Schluss ziehen, dass sich Menschen bei Verstössen gegen Naturrecht auch eines Unrechts bewusst seien. Ein Richter, der naturrechtswidrige NS-Normen anwandte, hätte also, folgt man Bauer, Recht vorsätzlich gebeugt. Die Obergerichte sind dieser These Bauers allerdings nicht gefolgt, sondern haben jedenfalls den Richtern ein sogenanntes «Richterprivileg» zugestanden. Ihrem scheinbar akademischen Charakter zum Trotz ist Bauers These heute für die juristische Bewältigung des DDR-Unrechts von neuem aktuell. So hat etwa 1998 das Bundesverfassungsgericht – ganz im Sinne Bauers – die Verurteilung einer Richterin wegen Rechtsbeugung bestätigt, die unverhältnismässig hohe Haftstrafen ausgesprochen hatte. Abkehr von der Rache Bauer hat sich der Frage nach dem Unrechtsbewusstsein auch in einem anderen Kontext genähert, nämlich dem der Strafrechtsreform, die unter Adenauer begonnen und von der sozialliberalen Koalition nach Bauers Tod fortgesetzt wurde. Konsequent argumentierte er gegen die Auffassung, mit der Strafe werde primär die Schuld der Täter gesühnt, eine Auffassung, die sich bis heute, wenn auch in stark modifizierter Form, gehalten hat. Angesichts der Erkenntnisse der Naturwissenschaften über die Bedeutung von natürlicher Anlage und Umwelt für das menschliche Bewusstsein sei es wirklichkeitsfremd anzunehmen, die Täter seien sich stets ihrer Schuld bewusst. Zudem setze der klassische Schuldbegriff den freien Willen voraus, der aber – hier folgt Bauer Nietzsche – eine Fiktion sei, mit der die Gesellschaft vor sich selbst ihre primitive Neigung zur Rache rechtfertige. Folglich dürfe der Strafe keine Vergeltungs- oder Abschreckungsfunktion mehr zukommen, sondern sie habe ausschliesslich der Resozialisierung des Täters zu dienen. Formalismus und Vernunft In diesen Aufsätzen klärt Bauer auch seine eigenen Positionen: Hatte er in den früheren Aufsätzen offengelassen, ob auch er an ein Naturrecht glaubt, so heisst es jetzt: «Naturrechtssätze von unbestreitbarer Evidenz sind nicht nachweisbar.» Die Frage nach dem besten Recht, so können wir Bauer verstehen, lässt sich nur im öffentlichen Gespräch beantworten. Dies ist auch die herrschende Meinung unter zeitgenössischen Rechtsphilosophen. Die meisten Be, Campus Verlag, 1998, 0<
Fritz Bauer Institut Joachim Perels und Irmtrud Wojak:
Die Humanität der Rechtsordnung: Ausgewählte Schriften Wissenschaftliche Reihe des Fritz Bauer Instituts von Fritz Bauer, Joachim Perels und Irmtrud Wojak NS-Verbrechen Menschenrechtskonventionen Widerstandsrecht Liberalisierung des Strafrechts Resozialisierung von Straftätern Obrigkeitsgläubigkeit Fritz Bauers Name ist mit dem großen Frankfurter Auschwitz-Prozeß verbunden, doch steht er auch für die juristische Aufarbeitung der NS-Verbrechen insgesemt. Er war Mitbegründer der Humanistischen Union und der Zeitschrift "Die Neue Gesellschaft"; hier setzte er sich mit der Obrigkeitsgläubigkeit in der jungen Bundesrepublik auseinander. Fritz Bauer war ein Verfechter des Widerstandsrechts, der Liberalisierung des Strafrechts und der Resozialisierung von Straftätern. In diesem Buch sind wichtige Beiträge des streitbaren Juristen gesammelt. Das Recht vom Himmel holen Eine Auswahl aus Fritz Bauers Schriften Unrecht, das von Staates wegen verübt wird, lässt sich nur unter grossen Schwierigkeiten juristisc - edizione con copertina flessibile2004, ISBN: 9783593358413
edizione con copertina rigida
Eichborn, 2004. 2004. Hardcover. 22,6 x 16 x 3,6 cm. Eine Enzyklopädie des Grauens - Foltermethoden und Foltergeräte aus Geschichte und Gegenwart. In Westeuropa ist sie heute glücklicher… Altro …
Eichborn, 2004. 2004. Hardcover. 22,6 x 16 x 3,6 cm. Eine Enzyklopädie des Grauens - Foltermethoden und Foltergeräte aus Geschichte und Gegenwart. In Westeuropa ist sie heute glücklicherweise verschwunden: Die Folter. Nur noch als Schicksal von Flüchtlingen aus anderen Weltgegenden taucht sie in unserem Alltag auf. Es ist allerdings gar nicht lange her, da wurden grausame Methoden zum Erzwingen von Geständnissen oder zum Quälen von Gegnern auch in unseren Breiten regelmäßig angewandt. Horst Herrmann hat ein vollständiges Lexikon der historischen und aktuellen Foltermethoden erstellt. Er erläutert die Vorgehensweise der Folterknechte und Henker ohne jede Sensationshascherei, in nüchternem und knappem Ton, und zitiert historische Quellen und Beispiele. Das Ergebnis ist nicht mehr, aber auch nicht weniger als ein historisches Grundlagenwerk. Mit seinen populären Lexika hat der Eichborn-Verlag schon manches Mal Geschmacksgrenzen ausgelotet. Nur ungern erinnern wir uns an das Lexikon merkwürdiger Todesarten oder das Lexikon der Attentate. Nun also ein Lexikon über Die Folter. Eine Enzyklopädie des Grauens. Gewiss: Auch dieses Buch ist eine schwere Prüfung. Doch dieses Mal hat hier mit Horst Herrmann jemand die Feder geführt, der dem Thema gewachsen war. Ein Mann, der bekannt dafür ist auch dann genau hinzuschauen, wenn es weh tut. "Der Körper des Menschen kennt kein Glied, für das kein eigenes Foltergerät erfunden und benutzt worden wäre und wird" schreibt der in Münster lehrende Soziologe, dem die katholische Kirche schon Mitte der siebziger Jahre die theologische Lehrbefugnis entzogen hat, weil er auch in ihre Geschichte allzu deutlich hineingeleuchtet hatte. Von "Abhacken" über "Abziehen (der Haut)", "Einschmiedefolter", die "Eselrittfolter", "Folterschulen", "Kastrationsfolter", die "Rösttiertortur" bis zur "Zwangstracht" reichen die Beispiele für Foltermethoden, -rituale und Werkzeuge, die der Autor zusammengetragen hat und akribisch beschreibt. Ob man das alles wirklich so genau wissen will, sei dahin gestellt. Als Entspannungslektüre vor dem Einschlafen ist der Band sicherlich nicht geeignet. Aber er informiert exakt und verständlich. Und er stellt auch Zusammenhänge her und kommentiert ausführlich. Vor allem aber führt er anschaulich vor Augen, wie viel Intelligenz Menschen aufgewendet haben und immer noch aufwenden, um anderen Menschen extremes Leid zuzufügen. Wer wissen will, zu welchen Grausamkeiten Menschen fähig sind, der sollte auch gegen innere Widerstände doch einmal einen Blick in dieses Buch werfen. So merkwürdig es klingt: Über die Folter ist zwar immer wieder geschrieben worden, aber noch nie so systematisch und detailliert wie in dieser Enzyklopädie. Sie führt sage und schreibe 450 Stichwörter auf - und beschreibt wirklich ALLE Foltergeräte und Foltermethoden, die der renommierte Autor aus Quellen aller Kontinente zusammengesucht hat. Historische und aktuelle Beispiele runden den positiven Gesamteindruck ab: Wer sich über die Maschinerie der Martern detailgenau informieren möchte, muß hier zugreifen. Dabei geht es dem Autor, daran ist kein Zweifel, stets um Solidarität mit den Opfern - gleich, ob es sich um "Hexen" oder um Häftlinge im Irak handelt. Ein notwendiges Buch, auf das man durchaus "sparen" sollte. Es ersetzt wahrscheinlich alle anderen Bücher zum Thema und ist ein echtes Standwerk. Der renommierte Soziologieprofessor Horst Herrmann legt mit diesem Buch ein eindrucksvolles Standardwerk zu einem dunklen Kapitel der Menschheit vor. Die erschütternden Vorfälle im Irak zeugen von der ewigen Aktualität des Themas Folter. In wohl keinem anderen Bereich hat die menschliche (bzw. unmenschliche) Phantasie eine derartige "Kreativität" entfaltet, wie beim Ersinnen von Foltermethoden und -geräten. Herrmanns enzyklopädisches Lexikon schildert auf fast 400 S., dass es kein Körperteil gibt, das nicht Zielscheibe von Torturen wurde und wird; kein Gerät dafür nicht verwendet wird. Nicht zuletzt führt uns dieses wichtige Buch vor Augen, wie dünn die Haut der Zivilisation ist. "Am 5. Januar 1757 sticht F. R. Damiens auf König Ludwig XV. von Frankreich ein. Dieser wird kaum verletzt, nur seine Haut ist geritzt; die Rache fällt freilich schrecklich aus, der Attentäter wird zum Tod durch Vierteilen verurteilt. Die Justiz Seiner Majestät hat den verworren wirkenden Damiens bereits foltern lassen; die zugezogenen Ärzte raten, die Folter nicht allzu sehr auszuweiten, damit Damiens ihr nicht erliege. Seine Beine versagen bereits den Dienst, er kann nicht mehr stehen oder gehen. Doch ungerührt nimmt die offizielle Vergeltung ihren Lauf: Zu Beginn der Hinrichtung taucht der Henker die Hand, in der Damiens das Messer gehalten hatte, in eine Pfanne brennenden Schwefel, bis sie verkohlt. Dann reißt ein Helfer mit einer glühenden Zange Fleischstücke aus Armen, Brust, Bauch und Schenkeln des Verurteilten, legt nach jedem Riß die Zange wieder in das Feuer und gießt flüssiges Harz oder Blei in die Wunde. Damiens stößt entsetzliche Schmerzensschreie aus. Schließlich der eigentliche Vollzug der Todesstrafe: Der Delinquent soll mit Hilfe von Pferden gevierteilt werden. Die Tiere sind an seine Arme und Beine gebunden und ziehen in vier Richtungen. Doch der Körper widersteht mehreren Versuchen. Da durchtrennt der Scharfrichter die Sehnen an den Beinen und in den Achselhöhlen des Damiens. Die Maßnahme hat Erfolg: Die Beine lösen sich beim Anrucken der Pferde vom Rumpf, die Arme folgen knirschend, und endlich erreicht die Gerechtigkeit des Königs ihr Ziel. Der Leichnam und die abgerissenen Extremitäten des Attentäters landen auf dem Scheiterhaufen. Alles nur Vergangenheit? Natürlich; in der neueren Geschichte der westlichen Welt wurde die Folter im Strafverfahren ebenso abgeschafft wie in vielen Ländern die Todesstrafe ..." Sprache deutsch Maße 220 x 150 mm Einbandart gebunden Schulbuch Wörterbuch Lexikon Chroniken Folter Folterknecht Lexika Nachschlagewerke Torture Lexikon Nachschlagewerk Sachbücher Torturen Lexika Nachschlagewerke Lexikon Enzyklopädien Kirche Strafe ISBN-10 3-8218-3951-1 / 3821839511 ISBN-13 978-3-8218-3951-6 / 9783821839516 Die Folter. Eine Enzyklopädie des Grauens [Gebundene Ausgabe] Horst Herrmann (Autor) Eine Enzyklopädie des Grauens - Foltermethoden und Foltergeräte aus Geschichte und Gegenwart. In Westeuropa ist sie heute glücklicherweise verschwunden: Die Folter. Nur noch als Schicksal von Flüchtlingen aus anderen Weltgegenden taucht sie in unserem Alltag auf. Es ist allerdings gar nicht lange her, da wurden grausame Methoden zum Erzwingen von Geständnissen oder zum Quälen von Gegnern auch in unseren Breiten regelmäßig angewandt. Horst Herrmann hat ein vollständiges Lexikon der historischen und aktuellen Foltermethoden erstellt. Er erläutert die Vorgehensweise der Folterknechte und Henker ohne jede Sensationshascherei, in nüchternem und knappem Ton, und zitiert historische Quellen und Beispiele. Das Ergebnis ist nicht mehr, aber auch nicht weniger als ein historisches Grundlagenwerk. Mit seinen populären Lexika hat der Eichborn-Verlag schon manches Mal Geschmacksgrenzen ausgelotet. Nur ungern erinnern wir uns an das Lexikon merkwürdiger Todesarten oder das Lexikon der Attentate. Nun also ein Lexikon über Die Folter. Eine Enzyklopädie des Grauens. Gewiss: Auch dieses Buch ist eine schwere Prüfung. Doch dieses Mal hat hier mit Horst Herrmann jemand die Feder geführt, der dem Thema gewachsen war. Ein Mann, der bekannt dafür ist auch dann genau hinzuschauen, wenn es weh tut. "Der Körper des Menschen kennt kein Glied, für das kein eigenes Foltergerät erfunden und benutzt worden wäre und wird" schreibt der in Münster lehrende Soziologe, dem die katholische Kirche schon Mitte der siebziger Jahre die theologische Lehrbefugnis entzogen hat, weil er auch in ihre Geschichte allzu deutlich hineingeleuchtet hatte. Von "Abhacken" über "Abziehen (der Haut)", "Einschmiedefolter", die "Eselrittfolter", "Folterschulen", "Kastrationsfolter", die "Rösttiertortur" bis zur "Zwangstracht" reichen die Beispiele für Foltermethoden, -rituale und Werkzeuge, die der Autor zusammengetragen hat und akribisch beschreibt. Ob man das alles wirklich so genau wissen will, sei dahin gestellt. Als Entspannungslektüre vor dem Einschlafen ist der Band sicherlich nicht geeignet. Aber er informiert exakt und verständlich. Und er stellt auch Zusammenhänge her und kommentiert ausführlich. Vor allem aber führt er anschaulich vor Augen, wie viel Intelligenz Menschen aufgewendet haben und immer noch aufwenden, um anderen Menschen extremes Leid zuzufügen. Wer wissen will, zu welchen Grausamkeiten Menschen fähig sind, der sollte auch gegen innere Widerstände doch einmal einen Blick in dieses Buch werfen. So merkwürdig es klingt: Über die Folter ist zwar immer wieder geschrieben worden, aber noch nie so systematisch und detailliert wie in dieser Enzyklopädie. Sie führt sage und schreibe 450 Stichwörter auf - und beschreibt wirklich ALLE Foltergeräte und Foltermethoden, die der renommierte Autor aus Quellen aller Kontinente zusammengesucht hat. Historische und aktuelle Beispiele runden den positiven Gesamteindruck ab: Wer sich über die Maschinerie der Martern detailgenau informieren möchte, muß hier zugreifen. Dabei geht es dem Autor, daran ist kein Zweifel, stets um Solidarität mit den Opfern - gleich, ob es sich um "Hexen" oder um Häftlinge im Irak handelt. Ein notwendiges Buch, auf das man durchaus "sparen" sollte. Es ersetzt wahrscheinlich alle anderen Bücher zum Thema und ist ein echtes Standwerk. Der renommierte Soziologieprofessor Horst Herrmann legt mit diesem Buch ein eindrucksvolles Standardwerk zu einem dunklen Kapitel der Menschheit vor. Die erschütternden Vorfälle im Irak zeugen von der ewigen Aktualität des Themas Folter. In wohl keinem anderen Bereich hat die menschliche (bzw. unmenschliche) Phantasie eine derartige "Kreativität" entfaltet, wie beim Ersinnen von Foltermethoden und -geräten. Herrmanns enzyklopädisches Lexikon schildert auf fast 400 S., dass es kein Körperteil gibt, das nicht Zielscheibe von Torturen wurde und wird; kein Gerät dafür nicht verwendet wird. Nicht zuletzt führt uns dieses wichtige Buch vor Augen, wie dünn die Haut der Zivilisation ist. "Am 5. Januar 1757 sticht F. R. Damiens auf König Ludwig XV. von Frankreich ein. Dieser wird kaum verletzt, nur seine Haut ist geritzt; die Rache fällt freilich schrecklich aus, der Attentäter wird zum Tod durch Vierteilen verurteilt. Die Justiz Seiner Majestät hat den verworren wirkenden Damiens bereits foltern lassen; die zugezogenen Ärzte raten, die Folter nicht allzu sehr auszuweiten, damit Damiens ihr nicht erliege. Seine Beine versagen bereits den Dienst, er kann nicht mehr stehen oder gehen. Doch ungerührt nimmt die offizielle Vergeltung ihren Lauf: Zu Beginn der Hinrichtung taucht der Henker die Hand, in der Damiens das Messer gehalten hatte, in eine Pfanne brennenden Schwefel, bis sie verkohlt. Dann reißt ein Helfer mit einer glühenden Zange Fleischstücke aus Armen, Brust, Bauch und Schenkeln des Verurteilten, legt nach jedem Riß die Zange wieder in das Feuer und gießt flüssiges Harz oder Blei in die Wunde. Damiens stößt entsetzliche Schmerzensschreie aus. Schließlich der eigentliche Vollzug der Todesstrafe: Der Delinquent soll mit Hilfe von Pferden gevierteilt werden. Die Tiere sind an seine Arme und Beine gebunden und ziehen in vier Richtungen. Doch der Körper widersteht mehreren Versuchen. Da durchtrennt der Scharfrichter die Sehnen an den Beinen und in den Achselhöhlen des Damiens. Die Maßnahme hat Erfolg: Die Beine lösen sich beim Anrucken der Pferde vom Rumpf, die Arme folgen knirschend, und endlich erreicht die Gerechtigkeit des Königs ihr Ziel. Der Leichnam und die abgerissenen Extremitäten des Attentäters landen auf dem Scheiterhaufen. Alles nur Vergangenheit? Natürlich; in der neueren Geschichte der westlichen Welt wurde die Folter im Strafverfahren ebenso abgeschafft wie in vielen Ländern die Todesstrafe ..." Sprache deutsch Maße 220 x 150 mm Einbandart gebunden Schulbuch Wörterbuch Lexikon Chroniken Folter Folterknecht Lexika Nachschlagewerke Torture Lexikon Nachschlagewerk Sachbücher Torturen Lexika Nachschlagewerke Lexikon Enzyklopädien Kirche Strafe ISBN-10 3-8218-3951-1 / 3821839511 ISBN-13 978-3-8218-3951-6 / 9783821839516 Die Folter. Eine Enzyklopädie des Grauens [Gebundene Ausgabe] Horst Herrmann (Autor), Eichborn, 2004, 0, Campus Verlag, 1998. 1998. Softcover. 20,8 x 14,8 x 2,8 cm. Fritz Bauers Name ist mit dem großen Frankfurter Auschwitz-Prozeß verbunden, doch steht er auch für die juristische Aufarbeitung der NS-Verbrechen insgesemt. Er war Mitbegründer der Humanistischen Union und der Zeitschrift "Die Neue Gesellschaft"; hier setzte er sich mit der Obrigkeitsgläubigkeit in der jungen Bundesrepublik auseinander. Fritz Bauer war ein Verfechter des Widerstandsrechts, der Liberalisierung des Strafrechts und der Resozialisierung von Straftätern. In diesem Buch sind wichtige Beiträge des streitbaren Juristen gesammelt. Das Recht vom Himmel holen Eine Auswahl aus Fritz Bauers Schriften Unrecht, das von Staates wegen verübt wird, lässt sich nur unter grossen Schwierigkeiten juristisch ahnden. Kann man nicht auf allgemein anerkannte Menschenrechtskonventionen zurückgreifen, dann stellt sich nämlich die Frage, nach welchem Recht die Täter zur Rechenschaft gezogen werden sollen. Ist ein Rückgriff auf ein übergesetzliches Naturrecht mit dem Gedanken der Rechtssicherheit vereinbar? Darf man davon ausgehen, dass die Täter sich eines Unrechts bewusst sind, wenn sie menschenverachtende Normen anwenden? Mit diesen und anderen Fragen hatte sich die bundesdeutsche Justiz mehrmals auseinanderzusetzen, zunächst bei der Beurteilung von NS-Straftaten, jüngst wieder bei der Verurteilung von DDR-Staatsunrecht. Ahndung von Nazi-Verbrechen Einen wesentlichen Beitrag zur Klärung dieser Fragen stellt die unter dem Titel «Die Humanität der Rechtsordnung» veröffentlichte Auswahl aus den Schriften Fritz Bauers (1903–1968) dar, der als hessischer Generalstaatsanwalt so bedeutende Verfahren wie den Frankfurter Auschwitz-Prozess initiierte. Bauer war 1933 für mehrere Monate in ein Konzentrationslager verschleppt worden. 1936 musste er nach Dänemark emigrieren, von wo aus er sich 1943 vor der verstärkt einsetzenden Judenverfolgung nach Schweden retten konnte. 1949 kehrte er nach Deutschland zurück. Hier machte er sich rasch einen Namen als Spezialist für die Strafverfolgung von Nazi-Verbrechern. In einem ersten aufsehenerregenden Prozess erreichte Bauer, dass die Widerstandskämpfer des 20. Juli – Stauffenberg war ein Mitschüler Bauers gewesen – nicht ungestraft als «Landesverräter» bezeichnet werden durften. Massgeblichen Anteil hatte Bauer an dem Ende 1959 eingeleiteten Verfahren gegen die Organisatoren der «Euthanasie» – seine Beiträge zu diesem Thema sind schon 1996 erschienen. Anfang der sechziger Jahre schliesslich brachte Bauer, inzwischen hessischer Generalstaatsanwalt, einen zwei Jahre dauernden Prozess gegen die Lagerverwaltung von Auschwitz in Gang. Wie aus seinen Texten deutlich wird, hatte Bauer mit grossen Schwierigkeiten bei der Einleitung von Strafverfahren zu kämpfen. Nach dem Beginn des kalten Krieges hatte sich nämlich die Auffassung durchgesetzt, mit den Anstrengungen zur Verfolgung nationalsozialistischen Unrechts zwischen 1945 und 1950 könne es sein Bewenden haben. Immerhin wurde 1958 nach einer Phase der Untätigkeit die zentrale Stelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen in Ludwigsburg errichtet und damit die Strafverfolgung systematisiert. Bauers Verdienste um die Wiederbelebung der Prozesse gegen Massenmörder können nicht hoch genug eingeschätzt werden. Gesetz und Gerechtigkeit In seinen Beiträgen zu Fragen der NS-Verbrechen folgt Bauer zunächst dem Strafrechtler und Justizminister in der Weimarer Republik, Gustav Radbruch, der schon auf den Studenten Bauer einen starken Eindruck gemacht hatte. Mit Radbruchs Namen verbindet sich die These, ein Gesetz, welches in unerträglicher Weise gegen die Gerechtigkeit verstösst, entbehre der Rechtsnatur; die Prinzipien der Gerechtigkeit selbst existierten nicht in Gesetzesform, sondern seien Teil eines übergesetzlichen Naturrechts. Diese «Radbruch-Formel» hat sich auch die höchste deutsche Rechtsprechung nach dem Krieg zu eigen gemacht. Radbruch und der Rechtsprechung wirft Bauer vor, auf halbem Weg stehengeblieben zu sein: Wer die Existenz eines Naturrechts bejahe, müsse konsequenterweise den Schluss ziehen, dass sich Menschen bei Verstössen gegen Naturrecht auch eines Unrechts bewusst seien. Ein Richter, der naturrechtswidrige NS-Normen anwandte, hätte also, folgt man Bauer, Recht vorsätzlich gebeugt. Die Obergerichte sind dieser These Bauers allerdings nicht gefolgt, sondern haben jedenfalls den Richtern ein sogenanntes «Richterprivileg» zugestanden. Ihrem scheinbar akademischen Charakter zum Trotz ist Bauers These heute für die juristische Bewältigung des DDR-Unrechts von neuem aktuell. So hat etwa 1998 das Bundesverfassungsgericht – ganz im Sinne Bauers – die Verurteilung einer Richterin wegen Rechtsbeugung bestätigt, die unverhältnismässig hohe Haftstrafen ausgesprochen hatte. Abkehr von der Rache Bauer hat sich der Frage nach dem Unrechtsbewusstsein auch in einem anderen Kontext genähert, nämlich dem der Strafrechtsreform, die unter Adenauer begonnen und von der sozialliberalen Koalition nach Bauers Tod fortgesetzt wurde. Konsequent argumentierte er gegen die Auffassung, mit der Strafe werde primär die Schuld der Täter gesühnt, eine Auffassung, die sich bis heute, wenn auch in stark modifizierter Form, gehalten hat. Angesichts der Erkenntnisse der Naturwissenschaften über die Bedeutung von natürlicher Anlage und Umwelt für das menschliche Bewusstsein sei es wirklichkeitsfremd anzunehmen, die Täter seien sich stets ihrer Schuld bewusst. Zudem setze der klassische Schuldbegriff den freien Willen voraus, der aber – hier folgt Bauer Nietzsche – eine Fiktion sei, mit der die Gesellschaft vor sich selbst ihre primitive Neigung zur Rache rechtfertige. Folglich dürfe der Strafe keine Vergeltungs- oder Abschreckungsfunktion mehr zukommen, sondern sie habe ausschliesslich der Resozialisierung des Täters zu dienen. Formalismus und Vernunft In diesen Aufsätzen klärt Bauer auch seine eigenen Positionen: Hatte er in den früheren Aufsätzen offengelassen, ob auch er an ein Naturrecht glaubt, so heisst es jetzt: «Naturrechtssätze von unbestreitbarer Evidenz sind nicht nachweisbar.» Die Frage nach dem besten Recht, so können wir Bauer verstehen, lässt sich nur im öffentlichen Gespräch beantworten. Dies ist auch die herrschende Meinung unter zeitgenössischen Rechtsphilosophen. Die meisten Beiträge Bauers sind juristischen Themen gewidmet. Doch steht für ihn ausser Zweifel, dass mit rein juristischen Methoden die Lektionen aus der Vergangenheit nicht gezogen werden könnten. Bauer setzt auf die junge, unbelastete Generation, die mit der in seinen Augen traditionellen, formalistischen Rechtsauffassung in Deutschland brechen könne. In diesem Formalismus, der die Gesetzesbefolgung um des Gesetzes willen verlange, sieht er eine der Wurzeln der nationalsozialistischen Exzesse im besonderen und von Völkermorden im allgemeinen. Als geistige Väter dieser buchstabengläubigen Einstellung zum Gesetz betrachtet Bauer vor allem Hegel und Kant. Zwar glaubte sich, wie Hannah Arendt berichtet, sogar Eichmann im Einverständnis mit Kant, an dessen kategorischem Imperativ er sich stets orientiert haben wollte; aber Arendt bemerkt zu Recht, für Kant seien die Bürger bei ihren Handlungen dazu verpflichtet, ihre eigene praktische Vernunft zu gebrauchen und selbst die Probe auf die Vernünftigkeit einer Norm zu machen. Dies verträgt sich schlecht mit blindem Gesetzesgehorsam. Insofern lässt sich über Bauers historische Ableitung streiten. Bei der Lektüre drängt sich der Eindruck auf, gelegentliche Kürzungen würden den Zugang zu den Texten erleichtern. Ausführliche Angaben zu den Personen und Ereignissen lägen ebenfalls im Interesse des Lesers. Aber wer sich für die Justizgeschichte der Bundesrepublik und ihre Vergangenheitspolitik interessiert, wird sich von diesen Mängeln nicht abschrecken lassen und Bauers Aufsätze mit Gewinn lesen. Diese Vergangenheitspolitik selbst ist ja noch nicht Vergangenheit: 1998 wurden etwa per Gesetz NS-Urteile annulliert und die Todesurteile gegen Bonhoeffer und andere Widerstandskämpfer aufgehoben. Dank der Aktualität der meisten anderen Themen sind die Beiträge für den rechtsphilosophisch interessierten Leser nicht minder lesenswert. Wie der Fall Pinochet zeigt, werden die Menschenrechte endlich auch auf internationaler Ebene vom Himmel geholt und angewendet. Ulrich Ernst -- Neue Zürcher Zeitung Die Humanität der Rechtsordnung: Ausgewählte Schriften Wissenschaftliche Reihe des Fritz Bauer Instituts von Fritz Bauer, Joachim Perels und Irmtrud Woja Fritz Bauers Name ist mit dem großen Frankfurter Auschwitz-Prozeß verbunden, doch steht er auch für die juristische Aufarbeitung der NS-Verbrechen insgesemt. Er war Mitbegründer der Humanistischen Union und der Zeitschrift "Die Neue Gesellschaft"; hier setzte er sich mit der Obrigkeitsgläubigkeit in der jungen Bundesrepublik auseinander. Fritz Bauer war ein Verfechter des Widerstandsrechts, der Liberalisierung des Strafrechts und der Resozialisierung von Straftätern. In diesem Buch sind wichtige Beiträge des streitbaren Juristen gesammelt. Das Recht vom Himmel holen Eine Auswahl aus Fritz Bauers Schriften Unrecht, das von Staates wegen verübt wird, lässt sich nur unter grossen Schwierigkeiten juristisch ahnden. Kann man nicht auf allgemein anerkannte Menschenrechtskonventionen zurückgreifen, dann stellt sich nämlich die Frage, nach welchem Recht die Täter zur Rechenschaft gezogen werden sollen. Ist ein Rückgriff auf ein übergesetzliches Naturrecht mit dem Gedanken der Rechtssicherheit vereinbar? Darf man davon ausgehen, dass die Täter sich eines Unrechts bewusst sind, wenn sie menschenverachtende Normen anwenden? Mit diesen und anderen Fragen hatte sich die bundesdeutsche Justiz mehrmals auseinanderzusetzen, zunächst bei der Beurteilung von NS-Straftaten, jüngst wieder bei der Verurteilung von DDR-Staatsunrecht. Ahndung von Nazi-Verbrechen Einen wesentlichen Beitrag zur Klärung dieser Fragen stellt die unter dem Titel «Die Humanität der Rechtsordnung» veröffentlichte Auswahl aus den Schriften Fritz Bauers (1903–1968) dar, der als hessischer Generalstaatsanwalt so bedeutende Verfahren wie den Frankfurter Auschwitz-Prozess initiierte. Bauer war 1933 für mehrere Monate in ein Konzentrationslager verschleppt worden. 1936 musste er nach Dänemark emigrieren, von wo aus er sich 1943 vor der verstärkt einsetzenden Judenverfolgung nach Schweden retten konnte. 1949 kehrte er nach Deutschland zurück. Hier machte er sich rasch einen Namen als Spezialist für die Strafverfolgung von Nazi-Verbrechern. In einem ersten aufsehenerregenden Prozess erreichte Bauer, dass die Widerstandskämpfer des 20. Juli – Stauffenberg war ein Mitschüler Bauers gewesen – nicht ungestraft als «Landesverräter» bezeichnet werden durften. Massgeblichen Anteil hatte Bauer an dem Ende 1959 eingeleiteten Verfahren gegen die Organisatoren der «Euthanasie» – seine Beiträge zu diesem Thema sind schon 1996 erschienen. Anfang der sechziger Jahre schliesslich brachte Bauer, inzwischen hessischer Generalstaatsanwalt, einen zwei Jahre dauernden Prozess gegen die Lagerverwaltung von Auschwitz in Gang. Wie aus seinen Texten deutlich wird, hatte Bauer mit grossen Schwierigkeiten bei der Einleitung von Strafverfahren zu kämpfen. Nach dem Beginn des kalten Krieges hatte sich nämlich die Auffassung durchgesetzt, mit den Anstrengungen zur Verfolgung nationalsozialistischen Unrechts zwischen 1945 und 1950 könne es sein Bewenden haben. Immerhin wurde 1958 nach einer Phase der Untätigkeit die zentrale Stelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen in Ludwigsburg errichtet und damit die Strafverfolgung systematisiert. Bauers Verdienste um die Wiederbelebung der Prozesse gegen Massenmörder können nicht hoch genug eingeschätzt werden. Gesetz und Gerechtigkeit In seinen Beiträgen zu Fragen der NS-Verbrechen folgt Bauer zunächst dem Strafrechtler und Justizminister in der Weimarer Republik, Gustav Radbruch, der schon auf den Studenten Bauer einen starken Eindruck gemacht hatte. Mit Radbruchs Namen verbindet sich die These, ein Gesetz, welches in unerträglicher Weise gegen die Gerechtigkeit verstösst, entbehre der Rechtsnatur; die Prinzipien der Gerechtigkeit selbst existierten nicht in Gesetzesform, sondern seien Teil eines übergesetzlichen Naturrechts. Diese «Radbruch-Formel» hat sich auch die höchste deutsche Rechtsprechung nach dem Krieg zu eigen gemacht. Radbruch und der Rechtsprechung wirft Bauer vor, auf halbem Weg stehengeblieben zu sein: Wer die Existenz eines Naturrechts bejahe, müsse konsequenterweise den Schluss ziehen, dass sich Menschen bei Verstössen gegen Naturrecht auch eines Unrechts bewusst seien. Ein Richter, der naturrechtswidrige NS-Normen anwandte, hätte also, folgt man Bauer, Recht vorsätzlich gebeugt. Die Obergerichte sind dieser These Bauers allerdings nicht gefolgt, sondern haben jedenfalls den Richtern ein sogenanntes «Richterprivileg» zugestanden. Ihrem scheinbar akademischen Charakter zum Trotz ist Bauers These heute für die juristische Bewältigung des DDR-Unrechts von neuem aktuell. So hat etwa 1998 das Bundesverfassungsgericht – ganz im Sinne Bauers – die Verurteilung einer Richterin wegen Rechtsbeugung bestätigt, die unverhältnismässig hohe Haftstrafen ausgesprochen hatte. Abkehr von der Rache Bauer hat sich der Frage nach dem Unrechtsbewusstsein auch in einem anderen Kontext genähert, nämlich dem der Strafrechtsreform, die unter Adenauer begonnen und von der sozialliberalen Koalition nach Bauers Tod fortgesetzt wurde. Konsequent argumentierte er gegen die Auffassung, mit der Strafe werde primär die Schuld der Täter gesühnt, eine Auffassung, die sich bis heute, wenn auch in stark modifizierter Form, gehalten hat. Angesichts der Erkenntnisse der Naturwissenschaften über die Bedeutung von natürlicher Anlage und Umwelt für das menschliche Bewusstsein sei es wirklichkeitsfremd anzunehmen, die Täter seien sich stets ihrer Schuld bewusst. Zudem setze der klassische Schuldbegriff den freien Willen voraus, der aber – hier folgt Bauer Nietzsche – eine Fiktion sei, mit der die Gesellschaft vor sich selbst ihre primitive Neigung zur Rache rechtfertige. Folglich dürfe der Strafe keine Vergeltungs- oder Abschreckungsfunktion mehr zukommen, sondern sie habe ausschliesslich der Resozialisierung des Täters zu dienen. Formalismus und Vernunft In diesen Aufsätzen klärt Bauer auch seine eigenen Positionen: Hatte er in den früheren Aufsätzen offengelassen, ob auch er an ein Naturrecht glaubt, so heisst es jetzt: «Naturrechtssätze von unbestreitbarer Evidenz sind nicht nachweisbar.» Die Frage nach dem besten Recht, so können wir Bauer verstehen, lässt sich nur im öffentlichen Gespräch beantworten. Dies ist auch die herrschende Meinung unter zeitgenössischen Rechtsphilosophen. Die meisten Be, Campus Verlag, 1998, 0<
Die Humanität der Rechtsordnung: Ausgewählte Schriften Wissenschaftliche Reihe des Fritz Bauer Instituts von Fritz Bauer, Joachim Perels und Irmtrud Wojak NS-Verbrechen Menschenrechtskonventionen Widerstandsrecht Liberalisierung des Strafrechts Resozialisierung von Straftätern Obrigkeitsgläubigkeit Fritz Bauers Name ist mit dem großen Frankfurter Auschwitz-Prozeß verbunden, doch steht er auch für die juristische Aufarbeitung der NS-Verbrechen insgesemt. Er war Mitbegründer der Humanistischen Union und der Zeitschrift "Die Neue Gesellschaft"; hier setzte er sich mit der Obrigkeitsgläubigkeit in der jungen Bundesrepublik auseinander. Fritz Bauer war ein Verfechter des Widerstandsrechts, der Liberalisierung des Strafrechts und der Resozialisierung von Straftätern. In diesem Buch sind wichtige Beiträge des streitbaren Juristen gesammelt. Das Recht vom Himmel holen Eine Auswahl aus Fritz Bauers Schriften Unrecht, das von Staates wegen verübt wird, lässt sich nur unter grossen Schwierigkeiten juristisc - edizione con copertina flessibile
1998
ISBN: 9783593358413
Campus Verlag, 1998. 1998. Softcover. 20,8 x 14,8 x 2,8 cm. Fritz Bauers Name ist mit dem großen Frankfurter Auschwitz-Prozeß verbunden, doch steht er auch für die juristische Aufarbeitu… Altro …
Campus Verlag, 1998. 1998. Softcover. 20,8 x 14,8 x 2,8 cm. Fritz Bauers Name ist mit dem großen Frankfurter Auschwitz-Prozeß verbunden, doch steht er auch für die juristische Aufarbeitung der NS-Verbrechen insgesemt. Er war Mitbegründer der Humanistischen Union und der Zeitschrift "Die Neue Gesellschaft"; hier setzte er sich mit der Obrigkeitsgläubigkeit in der jungen Bundesrepublik auseinander. Fritz Bauer war ein Verfechter des Widerstandsrechts, der Liberalisierung des Strafrechts und der Resozialisierung von Straftätern. In diesem Buch sind wichtige Beiträge des streitbaren Juristen gesammelt. Das Recht vom Himmel holen Eine Auswahl aus Fritz Bauers Schriften Unrecht, das von Staates wegen verübt wird, lässt sich nur unter grossen Schwierigkeiten juristisch ahnden. Kann man nicht auf allgemein anerkannte Menschenrechtskonventionen zurückgreifen, dann stellt sich nämlich die Frage, nach welchem Recht die Täter zur Rechenschaft gezogen werden sollen. Ist ein Rückgriff auf ein übergesetzliches Naturrecht mit dem Gedanken der Rechtssicherheit vereinbar? Darf man davon ausgehen, dass die Täter sich eines Unrechts bewusst sind, wenn sie menschenverachtende Normen anwenden? Mit diesen und anderen Fragen hatte sich die bundesdeutsche Justiz mehrmals auseinanderzusetzen, zunächst bei der Beurteilung von NS-Straftaten, jüngst wieder bei der Verurteilung von DDR-Staatsunrecht. Ahndung von Nazi-Verbrechen Einen wesentlichen Beitrag zur Klärung dieser Fragen stellt die unter dem Titel «Die Humanität der Rechtsordnung» veröffentlichte Auswahl aus den Schriften Fritz Bauers (1903–1968) dar, der als hessischer Generalstaatsanwalt so bedeutende Verfahren wie den Frankfurter Auschwitz-Prozess initiierte. Bauer war 1933 für mehrere Monate in ein Konzentrationslager verschleppt worden. 1936 musste er nach Dänemark emigrieren, von wo aus er sich 1943 vor der verstärkt einsetzenden Judenverfolgung nach Schweden retten konnte. 1949 kehrte er nach Deutschland zurück. Hier machte er sich rasch einen Namen als Spezialist für die Strafverfolgung von Nazi-Verbrechern. In einem ersten aufsehenerregenden Prozess erreichte Bauer, dass die Widerstandskämpfer des 20. Juli – Stauffenberg war ein Mitschüler Bauers gewesen – nicht ungestraft als «Landesverräter» bezeichnet werden durften. Massgeblichen Anteil hatte Bauer an dem Ende 1959 eingeleiteten Verfahren gegen die Organisatoren der «Euthanasie» – seine Beiträge zu diesem Thema sind schon 1996 erschienen. Anfang der sechziger Jahre schliesslich brachte Bauer, inzwischen hessischer Generalstaatsanwalt, einen zwei Jahre dauernden Prozess gegen die Lagerverwaltung von Auschwitz in Gang. Wie aus seinen Texten deutlich wird, hatte Bauer mit grossen Schwierigkeiten bei der Einleitung von Strafverfahren zu kämpfen. Nach dem Beginn des kalten Krieges hatte sich nämlich die Auffassung durchgesetzt, mit den Anstrengungen zur Verfolgung nationalsozialistischen Unrechts zwischen 1945 und 1950 könne es sein Bewenden haben. Immerhin wurde 1958 nach einer Phase der Untätigkeit die zentrale Stelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen in Ludwigsburg errichtet und damit die Strafverfolgung systematisiert. Bauers Verdienste um die Wiederbelebung der Prozesse gegen Massenmörder können nicht hoch genug eingeschätzt werden. Gesetz und Gerechtigkeit In seinen Beiträgen zu Fragen der NS-Verbrechen folgt Bauer zunächst dem Strafrechtler und Justizminister in der Weimarer Republik, Gustav Radbruch, der schon auf den Studenten Bauer einen starken Eindruck gemacht hatte. Mit Radbruchs Namen verbindet sich die These, ein Gesetz, welches in unerträglicher Weise gegen die Gerechtigkeit verstösst, entbehre der Rechtsnatur; die Prinzipien der Gerechtigkeit selbst existierten nicht in Gesetzesform, sondern seien Teil eines übergesetzlichen Naturrechts. Diese «Radbruch-Formel» hat sich auch die höchste deutsche Rechtsprechung nach dem Krieg zu eigen gemacht. Radbruch und der Rechtsprechung wirft Bauer vor, auf halbem Weg stehengeblieben zu sein: Wer die Existenz eines Naturrechts bejahe, müsse konsequenterweise den Schluss ziehen, dass sich Menschen bei Verstössen gegen Naturrecht auch eines Unrechts bewusst seien. Ein Richter, der naturrechtswidrige NS-Normen anwandte, hätte also, folgt man Bauer, Recht vorsätzlich gebeugt. Die Obergerichte sind dieser These Bauers allerdings nicht gefolgt, sondern haben jedenfalls den Richtern ein sogenanntes «Richterprivileg» zugestanden. Ihrem scheinbar akademischen Charakter zum Trotz ist Bauers These heute für die juristische Bewältigung des DDR-Unrechts von neuem aktuell. So hat etwa 1998 das Bundesverfassungsgericht – ganz im Sinne Bauers – die Verurteilung einer Richterin wegen Rechtsbeugung bestätigt, die unverhältnismässig hohe Haftstrafen ausgesprochen hatte. Abkehr von der Rache Bauer hat sich der Frage nach dem Unrechtsbewusstsein auch in einem anderen Kontext genähert, nämlich dem der Strafrechtsreform, die unter Adenauer begonnen und von der sozialliberalen Koalition nach Bauers Tod fortgesetzt wurde. Konsequent argumentierte er gegen die Auffassung, mit der Strafe werde primär die Schuld der Täter gesühnt, eine Auffassung, die sich bis heute, wenn auch in stark modifizierter Form, gehalten hat. Angesichts der Erkenntnisse der Naturwissenschaften über die Bedeutung von natürlicher Anlage und Umwelt für das menschliche Bewusstsein sei es wirklichkeitsfremd anzunehmen, die Täter seien sich stets ihrer Schuld bewusst. Zudem setze der klassische Schuldbegriff den freien Willen voraus, der aber – hier folgt Bauer Nietzsche – eine Fiktion sei, mit der die Gesellschaft vor sich selbst ihre primitive Neigung zur Rache rechtfertige. Folglich dürfe der Strafe keine Vergeltungs- oder Abschreckungsfunktion mehr zukommen, sondern sie habe ausschliesslich der Resozialisierung des Täters zu dienen. Formalismus und Vernunft In diesen Aufsätzen klärt Bauer auch seine eigenen Positionen: Hatte er in den früheren Aufsätzen offengelassen, ob auch er an ein Naturrecht glaubt, so heisst es jetzt: «Naturrechtssätze von unbestreitbarer Evidenz sind nicht nachweisbar.» Die Frage nach dem besten Recht, so können wir Bauer verstehen, lässt sich nur im öffentlichen Gespräch beantworten. Dies ist auch die herrschende Meinung unter zeitgenössischen Rechtsphilosophen. Die meisten Beiträge Bauers sind juristischen Themen gewidmet. Doch steht für ihn ausser Zweifel, dass mit rein juristischen Methoden die Lektionen aus der Vergangenheit nicht gezogen werden könnten. Bauer setzt auf die junge, unbelastete Generation, die mit der in seinen Augen traditionellen, formalistischen Rechtsauffassung in Deutschland brechen könne. In diesem Formalismus, der die Gesetzesbefolgung um des Gesetzes willen verlange, sieht er eine der Wurzeln der nationalsozialistischen Exzesse im besonderen und von Völkermorden im allgemeinen. Als geistige Väter dieser buchstabengläubigen Einstellung zum Gesetz betrachtet Bauer vor allem Hegel und Kant. Zwar glaubte sich, wie Hannah Arendt berichtet, sogar Eichmann im Einverständnis mit Kant, an dessen kategorischem Imperativ er sich stets orientiert haben wollte; aber Arendt bemerkt zu Recht, für Kant seien die Bürger bei ihren Handlungen dazu verpflichtet, ihre eigene praktische Vernunft zu gebrauchen und selbst die Probe auf die Vernünftigkeit einer Norm zu machen. Dies verträgt sich schlecht mit blindem Gesetzesgehorsam. Insofern lässt sich über Bauers historische Ableitung streiten. Bei der Lektüre drängt sich der Eindruck auf, gelegentliche Kürzungen würden den Zugang zu den Texten erleichtern. Ausführliche Angaben zu den Personen und Ereignissen lägen ebenfalls im Interesse des Lesers. Aber wer sich für die Justizgeschichte der Bundesrepublik und ihre Vergangenheitspolitik interessiert, wird sich von diesen Mängeln nicht abschrecken lassen und Bauers Aufsätze mit Gewinn lesen. Diese Vergangenheitspolitik selbst ist ja noch nicht Vergangenheit: 1998 wurden etwa per Gesetz NS-Urteile annulliert und die Todesurteile gegen Bonhoeffer und andere Widerstandskämpfer aufgehoben. Dank der Aktualität der meisten anderen Themen sind die Beiträge für den rechtsphilosophisch interessierten Leser nicht minder lesenswert. Wie der Fall Pinochet zeigt, werden die Menschenrechte endlich auch auf internationaler Ebene vom Himmel geholt und angewendet. Ulrich Ernst -- Neue Zürcher Zeitung Die Humanität der Rechtsordnung: Ausgewählte Schriften Wissenschaftliche Reihe des Fritz Bauer Instituts von Fritz Bauer, Joachim Perels und Irmtrud Woja Fritz Bauers Name ist mit dem großen Frankfurter Auschwitz-Prozeß verbunden, doch steht er auch für die juristische Aufarbeitung der NS-Verbrechen insgesemt. Er war Mitbegründer der Humanistischen Union und der Zeitschrift "Die Neue Gesellschaft"; hier setzte er sich mit der Obrigkeitsgläubigkeit in der jungen Bundesrepublik auseinander. Fritz Bauer war ein Verfechter des Widerstandsrechts, der Liberalisierung des Strafrechts und der Resozialisierung von Straftätern. In diesem Buch sind wichtige Beiträge des streitbaren Juristen gesammelt. Das Recht vom Himmel holen Eine Auswahl aus Fritz Bauers Schriften Unrecht, das von Staates wegen verübt wird, lässt sich nur unter grossen Schwierigkeiten juristisch ahnden. Kann man nicht auf allgemein anerkannte Menschenrechtskonventionen zurückgreifen, dann stellt sich nämlich die Frage, nach welchem Recht die Täter zur Rechenschaft gezogen werden sollen. Ist ein Rückgriff auf ein übergesetzliches Naturrecht mit dem Gedanken der Rechtssicherheit vereinbar? Darf man davon ausgehen, dass die Täter sich eines Unrechts bewusst sind, wenn sie menschenverachtende Normen anwenden? Mit diesen und anderen Fragen hatte sich die bundesdeutsche Justiz mehrmals auseinanderzusetzen, zunächst bei der Beurteilung von NS-Straftaten, jüngst wieder bei der Verurteilung von DDR-Staatsunrecht. Ahndung von Nazi-Verbrechen Einen wesentlichen Beitrag zur Klärung dieser Fragen stellt die unter dem Titel «Die Humanität der Rechtsordnung» veröffentlichte Auswahl aus den Schriften Fritz Bauers (1903–1968) dar, der als hessischer Generalstaatsanwalt so bedeutende Verfahren wie den Frankfurter Auschwitz-Prozess initiierte. Bauer war 1933 für mehrere Monate in ein Konzentrationslager verschleppt worden. 1936 musste er nach Dänemark emigrieren, von wo aus er sich 1943 vor der verstärkt einsetzenden Judenverfolgung nach Schweden retten konnte. 1949 kehrte er nach Deutschland zurück. Hier machte er sich rasch einen Namen als Spezialist für die Strafverfolgung von Nazi-Verbrechern. In einem ersten aufsehenerregenden Prozess erreichte Bauer, dass die Widerstandskämpfer des 20. Juli – Stauffenberg war ein Mitschüler Bauers gewesen – nicht ungestraft als «Landesverräter» bezeichnet werden durften. Massgeblichen Anteil hatte Bauer an dem Ende 1959 eingeleiteten Verfahren gegen die Organisatoren der «Euthanasie» – seine Beiträge zu diesem Thema sind schon 1996 erschienen. Anfang der sechziger Jahre schliesslich brachte Bauer, inzwischen hessischer Generalstaatsanwalt, einen zwei Jahre dauernden Prozess gegen die Lagerverwaltung von Auschwitz in Gang. Wie aus seinen Texten deutlich wird, hatte Bauer mit grossen Schwierigkeiten bei der Einleitung von Strafverfahren zu kämpfen. Nach dem Beginn des kalten Krieges hatte sich nämlich die Auffassung durchgesetzt, mit den Anstrengungen zur Verfolgung nationalsozialistischen Unrechts zwischen 1945 und 1950 könne es sein Bewenden haben. Immerhin wurde 1958 nach einer Phase der Untätigkeit die zentrale Stelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen in Ludwigsburg errichtet und damit die Strafverfolgung systematisiert. Bauers Verdienste um die Wiederbelebung der Prozesse gegen Massenmörder können nicht hoch genug eingeschätzt werden. Gesetz und Gerechtigkeit In seinen Beiträgen zu Fragen der NS-Verbrechen folgt Bauer zunächst dem Strafrechtler und Justizminister in der Weimarer Republik, Gustav Radbruch, der schon auf den Studenten Bauer einen starken Eindruck gemacht hatte. Mit Radbruchs Namen verbindet sich die These, ein Gesetz, welches in unerträglicher Weise gegen die Gerechtigkeit verstösst, entbehre der Rechtsnatur; die Prinzipien der Gerechtigkeit selbst existierten nicht in Gesetzesform, sondern seien Teil eines übergesetzlichen Naturrechts. Diese «Radbruch-Formel» hat sich auch die höchste deutsche Rechtsprechung nach dem Krieg zu eigen gemacht. Radbruch und der Rechtsprechung wirft Bauer vor, auf halbem Weg stehengeblieben zu sein: Wer die Existenz eines Naturrechts bejahe, müsse konsequenterweise den Schluss ziehen, dass sich Menschen bei Verstössen gegen Naturrecht auch eines Unrechts bewusst seien. Ein Richter, der naturrechtswidrige NS-Normen anwandte, hätte also, folgt man Bauer, Recht vorsätzlich gebeugt. Die Obergerichte sind dieser These Bauers allerdings nicht gefolgt, sondern haben jedenfalls den Richtern ein sogenanntes «Richterprivileg» zugestanden. Ihrem scheinbar akademischen Charakter zum Trotz ist Bauers These heute für die juristische Bewältigung des DDR-Unrechts von neuem aktuell. So hat etwa 1998 das Bundesverfassungsgericht – ganz im Sinne Bauers – die Verurteilung einer Richterin wegen Rechtsbeugung bestätigt, die unverhältnismässig hohe Haftstrafen ausgesprochen hatte. Abkehr von der Rache Bauer hat sich der Frage nach dem Unrechtsbewusstsein auch in einem anderen Kontext genähert, nämlich dem der Strafrechtsreform, die unter Adenauer begonnen und von der sozialliberalen Koalition nach Bauers Tod fortgesetzt wurde. Konsequent argumentierte er gegen die Auffassung, mit der Strafe werde primär die Schuld der Täter gesühnt, eine Auffassung, die sich bis heute, wenn auch in stark modifizierter Form, gehalten hat. Angesichts der Erkenntnisse der Naturwissenschaften über die Bedeutung von natürlicher Anlage und Umwelt für das menschliche Bewusstsein sei es wirklichkeitsfremd anzunehmen, die Täter seien sich stets ihrer Schuld bewusst. Zudem setze der klassische Schuldbegriff den freien Willen voraus, der aber – hier folgt Bauer Nietzsche – eine Fiktion sei, mit der die Gesellschaft vor sich selbst ihre primitive Neigung zur Rache rechtfertige. Folglich dürfe der Strafe keine Vergeltungs- oder Abschreckungsfunktion mehr zukommen, sondern sie habe ausschliesslich der Resozialisierung des Täters zu dienen. Formalismus und Vernunft In diesen Aufsätzen klärt Bauer auch seine eigenen Positionen: Hatte er in den früheren Aufsätzen offengelassen, ob auch er an ein Naturrecht glaubt, so heisst es jetzt: «Naturrechtssätze von unbestreitbarer Evidenz sind nicht nachweisbar.» Die Frage nach dem besten Recht, so können wir Bauer verstehen, lässt sich nur im öffentlichen Gespräch beantworten. Dies ist auch die herrschende Meinung unter zeitgenössischen Rechtsphilosophen. Die meisten Be, Campus Verlag, 1998, 0<
Die Humanität der Rechtsordnung: Ausgewählte Schriften Wissenschaftliche Reihe des Fritz Bauer Instituts von Fritz Bauer, Joachim Perels und Irmtrud Wojak NS-Verbrechen Menschenrechtskonventionen Widerstandsrecht Liberalisierung des Strafrechts Resozialisierung von Straftätern Obrigkeitsgläubigkeit Fritz Bauers Name ist mit dem großen Frankfurter Auschwitz-Prozeß verbunden, doch steht er auch für die juristische Aufarbeitung der NS-Verbrechen insgesemt. Er war Mitbegründer der Humanistischen Union und der Zeitschrift "Die Neue Gesellschaft"; hier setzte er sich mit der Obrigkeitsgläubigkeit in der jungen Bundesrepublik auseinander. Fritz Bauer war ein Verfechter des Widerstandsrechts, der Liberalisierung des Strafrechts und der Resozialisierung von Straftätern. In diesem Buch sind wichtige Beiträge des streitbaren Juristen gesammelt. Das Recht vom Himmel holen Eine Auswahl aus Fritz Bauers Schriften Unrecht, das von Staates wegen verübt wird, lässt sich nur unter grossen Schwierigkeite - edizione con copertina flessibile
1998, ISBN: 3593358417
[EAN: 9783593358413], Gebraucht, sehr guter Zustand, [SC: 6.95], [PU: Campus Verlag], FRITZ BAUERS NAME IST MIT DEM GROSSEN FRANKFURTER AUSCHWITZ-PROZESS VERBUNDEN, DOCH STEHT ER AUCH FÜR… Altro …
[EAN: 9783593358413], Gebraucht, sehr guter Zustand, [SC: 6.95], [PU: Campus Verlag], FRITZ BAUERS NAME IST MIT DEM GROSSEN FRANKFURTER AUSCHWITZ-PROZESS VERBUNDEN, DOCH STEHT ER AUCH FÜR DIE JURISTISCHE AUFARBEITUNG DER NS-VERBRECHEN INSGESEMT. WAR MITBEGRÜNDER HUMANISTISCHEN UNION UND ZEITSCHRIFT "DIE NEUE GESELLSCHAFT"; HIER SETZTE SICH OBRIGKEITSGLÄUBIGKEIT IN JUNGEN BUNDESREPUBLIK AUSEINANDER. BAUER EIN VERFECHTER DES WIDERSTANDSRECHTS, LIBERALISIERUNG STRAFRECHTS RESOZIALISIERUNG VON STRAFTÄTERN. DIESEM BUCH SIND WICHTIGE BEITRÄGE STREITBAREN JURISTEN GESAMMELT. DAS RECHT VOM HIMMEL HOLEN EINE AUSWAHL AUS SCHRIFTEN UNRECHT, STAATES WEGEN VERÜBT WIRD, LÄSST NUR UNTER SCHWIERIGKEITEN JURISTISCH AHNDEN. KANN MAN NICHT AUF ALLGEMEIN ANERKANNTE MENSCHENRECHTSKONVENTIONEN ZURÜCKGREIFEN, DANN STELLT NÄMLICH FRAGE, NACH WELCHEM TÄTER ZUR RECHENSCHAFT GEZOGEN WERDEN SOLLEN. RÜCKGRIFF ÜBERGESETZLICHES NATURRECHT GEDANKEN RECHTSSICHERHEIT VEREINBAR? DARF DAVON AUSGEHEN, DASS EINES UNRECHTS BEWUSST SIND, WENN SIE MENSCHENVERACHTENDE NORMEN ANWENDEN? DIESEN ANDEREN FRAGEN HATTE BUNDESDEUTSCHE JUSTIZ MEHRMALS AUSEINANDERZUSETZEN, ZUNÄCHST BEI BEURTEILUNG NS-STRAFTATEN, JÜNGST WIEDER VERURTEILUNG DDR-STAATSUNRECHT. AHNDUNG NAZI-VERBRECHEN EINEN WESENTLICHEN BEITRAG KLÄRUNG DIESER TITEL «DIE HUMANITÄT RECHTSORDNUNG» VERÖFFENTLICHTE DEN (1903–1968) DAR, ALS HESSISCHER GENERALSTAATSANWALT SO BEDEUTENDE VERFAHREN WIE INITIIERTE. 1933 MEHRERE MONATE KONZENTRATIONSLAGER VERSCHLEPPT WORDEN. 1936 MUSSTE DÄNEMARK EMIGRIEREN, WO 1943 VOR VERSTÄRKT EINSETZENDEN JUDENVERFOLGUNG SCHWEDEN RETTEN KONNTE. 1949 KEHRTE DEUTSCHLAND ZURÜCK. MACHTE RASCH NAMEN SPEZIALIST STRAFVERFOLGUNG NAZI-VERBRECHERN. EINEM ERSTEN AUFSEHENERREGENDEN PROZESS ERREICHTE BAUER, WIDERSTANDSKÄMPFER 20. JULI – STAUFFENBERG MITSCHÜLER GEWESEN UNGESTRAFT «LANDESVERRÄTER» BEZEICHNET DURFTEN. MASSGEBLICHEN ANTEIL AN ENDE 1959 EINGELEITETEN GEGEN ORGANISATOREN «EUTHANASIE» SEINE ZU THEMA SCHON 1996 ERSCHIENEN. ANFANG SECHZIGER JAHRE SCHLIESSLICH BRACHTE INZWISCHEN GENERALSTAATSANWALT, ZWEI DAUERNDEN LAGER, Fritz Bauers Name ist mit dem großen Frankfurter Auschwitz-Prozeß verbunden, doch steht er auch für die juristische Aufarbeitung der NS-Verbrechen insgesemt. Er war Mitbegründer der Humanistischen Union und der Zeitschrift "Die Neue Gesellschaft"; hier setzte er sich mit der Obrigkeitsgläubigkeit in der jungen Bundesrepublik auseinander. Fritz Bauer war ein Verfechter des Widerstandsrechts, der Liberalisierung des Strafrechts und der Resozialisierung von Straftätern. In diesem Buch sind wichtige Beiträge des streitbaren Juristen gesammelt. Das Recht vom Himmel holen Eine Auswahl aus Fritz Bauers Schriften Unrecht, das von Staates wegen verübt wird, lässt sich nur unter grossen Schwierigkeiten juristisch ahnden. Kann man nicht auf allgemein anerkannte Menschenrechtskonventionen zurückgreifen, dann stellt sich nämlich die Frage, nach welchem Recht die Täter zur Rechenschaft gezogen werden sollen. Ist ein Rückgriff auf ein übergesetzliches Naturrecht mit dem Gedanken der Rechtssicherheit vereinbar? Darf man davon ausgehen, dass die Täter sich eines Unrechts bewusst sind, wenn sie menschenverachtende Normen anwenden? Mit diesen und anderen Fragen hatte sich die bundesdeutsche Justiz mehrmals auseinanderzusetzen, zunächst bei der Beurteilung von NS-Straftaten, jüngst wieder bei der Verurteilung von DDR-Staatsunrecht. Ahndung von Nazi-Verbrechen Einen wesentlichen Beitrag zur Klärung dieser Fragen stellt die unter dem Titel «Die Humanität der Rechtsordnung» veröffentlichte Auswahl aus den Schriften Fritz Bauers (1903–1968) dar, der als hessischer Generalstaatsanwalt so bedeutende Verfahren wie den Frankfurter Auschwitz-Prozess initiierte. Bauer war 1933 für mehrere Monate in ein Konzentrationslager verschleppt worden. 1936 musste er nach Dänemark emigrieren, von wo aus er sich 1943 vor der verstärkt einsetzenden Judenverfolgung nach Schweden retten konnte. 1949 kehrte er nach Deutschland zurück. Hier machte er sich rasch einen Namen als Spezialist für die Strafverfolgung von Nazi-Verbrechern. In einem ersten aufsehenerregenden Prozess erreichte Bauer, dass die Widerstandskämpfer des 20. Juli – Stauffenberg war ein Mitschüler Bauers gewesen – nicht ungestraft als «Landesverräter» bezeichnet werden durften. Massgeblichen Anteil hatte Bauer an dem Ende 1959 eingeleiteten Verfahren gegen die Organisatoren der «Euthanasie» – seine Beiträge zu diesem Thema sind schon 1996 erschienen. Anfang der sechziger Jahre schliesslich brachte Bauer, inzwischen hessischer Generalstaatsanwalt, einen zwei Jahre dauernden Prozess gegen die Lagerverwaltung von Auschwitz in Gang. Wie aus seinen Texten deutlich wird, hatte Bauer mit grossen Schwierigkeiten bei der Einleitung von Strafverfahren zu kämpfen. Nach dem Beginn des kalten Krieges hatte sich nämlich die Auffassung durchgesetzt, mit den Anstrengungen zur Verfolgung nationalsozialistischen Unrechts zwischen 1945 und 1950 könne es sein Bewenden haben. Immerhin wurde 1958 nach einer Phase der Untätigkeit die zentrale Stelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen in Ludwigsburg errichtet und damit die Strafverfolgung systematisiert. Bauers Verdienste um die Wiederbelebung der Prozesse gegen Massenmörder können nicht hoch genug eingeschätzt werden. Gesetz und Gerechtigkeit In seinen Beiträgen zu Fragen der NS-Verbrechen folgt Bauer zunächst dem Strafrechtler und Justizminister in der Weimarer Republik, Gustav Radbruch, der schon auf den Studenten Bauer einen starken Eindruck gemacht hatte. Mit Radbruchs Namen verbindet sich die These, ein Gesetz, welches in unerträglicher Weise gegen die Gerechtigkeit verstösst, entbehre der Rechtsnatur; die Prinzipien der Gerechtigkeit selbst existierten nicht in Gesetzesform, sondern seien Teil eines übergesetzlichen Naturrechts. Diese «Radbruch-Formel» hat sich auch die höchste deutsche Rechtsprechung nach dem Krieg zu eigen gemacht. Radbruch und der Rechtsprechung wirft Bauer vor, auf halbem Weg stehengeblieben zu sein: Wer die Existenz eines Naturrechts bejahe, müsse konsequenterweise den Schluss ziehen, dass sich Menschen bei Verstössen gegen Naturrecht auch eines Unrechts bewusst seien. Ein Richter, der naturrechtswidrige NS-Normen anwandte, hätte also, folgt man Bauer, Recht vorsätzlich gebeugt. Die Obergerichte sind dieser These Bauers allerdings nicht gefolgt, sondern haben jedenfalls den Richtern ein sogenanntes «Richterprivileg» zugestanden. Ihrem scheinbar akademischen Charakter zum Trotz ist Bauers These heute für die juristische Bewältigung des DDR-Unrechts von neuem aktuell. So hat etwa 1998 das Bundesverfassungsgericht – ganz im Sinne Bauers – die Verurteilung einer Richterin wegen Rechtsbeugung bestätigt, die unverhältnismässig hohe Haftstrafen ausgesprochen hatte. Abkehr von der Rache Bauer hat sich der Frage nach dem Unrechtsbewusstsein auch in einem anderen Kontext genähert, nämlich dem der Strafrechtsreform, die unter Adenauer begonnen und von der sozialliberalen Koalition nach Bauers Tod fortgesetzt wurde. Konsequent argumentierte er gegen die Auffassung, mit der Strafe werde primär die Schuld der Täter gesühnt, eine Auffassung, die sich bis heute, wenn auch in stark modifizierter Form, gehalten hat. Angesichts der Erkenntnisse der Naturwissenschaften über die Bedeutung von natürlicher Anlage und Umwelt für das menschliche Bewusstsein sei es wirklichkeitsfremd anzunehmen, die Täter seien sich stets ihrer Schuld bewusst. Zudem setze der klassische Schuldbegriff den freien Willen voraus, der aber – hier folgt Bauer Nietzsche – eine Fiktion sei, mit der die Gesellschaft vor sich selbst ihre primitive Neigung zur Rache rechtfertige. Folglich dürfe der Strafe keine Vergeltungs- oder Abschreckungsfunktion mehr zukommen, sondern sie habe ausschliesslich der Resozialisierung des Täters zu dienen. Formalismus und Vernunft In diesen Aufsätzen klärt Bauer auch seine eigenen Positionen: Hatte er in den früheren Aufsätzen offengelassen, ob auch er an ein Naturrecht glaubt, so heisst es jetzt: «Naturrechtssätze von unbestreitbar, Books<
Die Humanität der Rechtsordnung Ausgewählte Schriften (Wissenschaftliche Reihe des Fritz Bauer Instituts, Band 5) - libri usati
1998, ISBN: 3593358417
440 S. Broschierte Ausgabe Broschiert 1. Aufl.; Gut und sauber erhalten. Biographie, Frankfurter-Auschwitz-Prozess, Aufarbeitung der NS-Verbrechen in der Nachkriegszeit 12, [PU:Frankfurt … Altro …
440 S. Broschierte Ausgabe Broschiert 1. Aufl.; Gut und sauber erhalten. Biographie, Frankfurter-Auschwitz-Prozess, Aufarbeitung der NS-Verbrechen in der Nachkriegszeit 12, [PU:Frankfurt am Main, Campus-Verlag]<
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Informazioni dettagliate del libro - Die Humanität der Rechtsordnung: Ausgewählte Schriften (Wissenschaftliche Reihe des Fritz Bauer Instituts)
EAN (ISBN-13): 9783593358413
ISBN (ISBN-10): 3593358417
Copertina rigida
Copertina flessibile
Anno di pubblicazione: 1998
Editore: Perels, Joachim, Wojak, Irmtrud, Campus Verlag
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ISBN/EAN: 3593358417
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3-593-35841-7, 978-3-593-35841-3
Stili di scrittura alternativi e concetti di ricerca simili:
Autore del libro : irmtrud wojak, joachim bauer, joachim perels, fritz bauer institut
Titolo del libro: fritz bauer, humanität der rechtsordnung, ausgewählte schriften, das buch der himmel, das neue frankfurt, widerstandsrecht, die neue gesellschaft, wissenschaftliche zeitschrift instituts, wissenschaftliche zeitschrift institut, der war und der ist, das recht der gesellschaft, auschwitz prozess, frankfurter auschwitz prozeß, strafrecht frankfurt, ist ein, das verbrechen der gesellschaft, gesellschaft juristische, von hier aus, zeitschrift fur, das buch für jungen, recht ist unrecht, der neue name, gesellschaft der bundesrepublik, neue union, auschwitz proze, neue mensch, die juristische aufarbeitung von verbrechen, resozialisierung, jungen wird, die reihe zeitschrift, das neue auswahl, joachim perels, die verfechter des
Dati dell'editore
Autore: Fritz Bauer
Titolo: Wissenschaftliche Reihe des Fritz Bauer Instituts; Die Humanität der Rechtsordnung; Rechtsordnung - Ausgewählte Schriften
Editore: Campus
440 Pagine
Anno di pubblicazione: 1998-05-06
Stampato / Fatto in
Peso: 0,564 kg
Lingua: Tedesco
24,90 € (DE)
25,60 € (AT)
37,90 CHF (CH)
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BC; KART; Geschichte; Recht; Zeitgeschichte nach 1945; Zweite Hälfte 20. Jahrhundert (ca. 1950 bis ca. 1999)
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